Gottfried und Selma Gumbel geborene Frank,
Stuttgart-West, Cäsar-Flaischlen-Straße 7
Gottfried Gumbel
Geboren am 12. März 1873 in Heilbronn
Beruf: Bankier
Gestorben am 23. Mai 1943 in Theresienstadt
Selma Gumbel, geb. Frank
Geboren am 21. März 1882 in Horb
Gestorben am 14. Juni 1944 in Theresienstadt
Eheschließung: 24. August 1903 in Horb
Kinder: keine
Zwangsumsiedlung: 12. März 1942 nach Dellmensingen
Deportation: 22. August 1942 nach Theresienstadt
Die letzte langjährige Wohnung war in Stuttgart-West in der Cäsar-Flaischlen-Straße 7.
Im Frühjahr 1942 mussten Gottfried und Selma Gumbel ihr schönes Haus in der Cäsar-Flaischlen-Straße 7, das sie 1932 für 22000 Goldmark gekauft hatten, verlassen. Sie wurden in das „Jüdische Altersheim“ nach Dellmensingen bei Ulm zwangsumgesiedelt. Viele wertvolle Möbel, die speziell für dieses Haus angeschafft worden waren, mussten zurück bleiben. Ihre Wohnzimmer- und Schlafzimmermöbel nahmen sie mit nach Dellmensingen. Vermutlich hatten sie ihr Haus nicht mehr betreten können, bevor sie am 22. August 1942 vom Stuttgarter Nordgüterbahnhof aus nach Theresienstadt deportiert wurden. Ihr gesamtes Vermögen wurde am 21. August 1942 vom Deutschen Reich eingezogen. In Theresienstadt lebten sie, wie Tausende der dorthin Deportierten, ärmlich, mit Ungeziefer, hungernd, frierend und verzweifelt.
Gottfried lebte noch etwa neun Monate. Ob er an einer Krankheit starb oder ob er verhungerte, wissen wir nicht. Sein Todestag ist der 23. Mai 1943. Selma lebte noch ein starkes Jahr länger als ihr Mann. Ihr Todestag ist der 14. Juni 1944.
Gottfried Gumbel wurde als sechstes Kind von sieben in eine Bankiersfamilie in Heilbronn hineingeboren. Sein Vater Moses (Max) Gumbel war Inhaber des Bank- und Wechselgeschäfts Gumbel-Kiefe in Heilbronn. Gottfrieds Mutter, Lina Gumbel, war eine geborene Kiefe. Der ältere Bruder Wilhelm war Mitinhaber des Bankhauses. Ab 1905 war Gottfried ebenfalls Mitinhaber und vermutlich seither Bankdirektor.
Der jüngste Bruder Siegfried war Rechtsanwalt. Er wurde im KZ Dachau ermordet.
Nach der Eheschließung von Selma Frank und Gottfried Gumbel 1903 in Horb zog das Ehepaar nach Heilbronn in die Wollhausstraße 46. Gottfried arbeitete zusammen mit Vater und Bruder als Direktor in der eigenen Bank in Heilbronn.
Im Jahr 1918 ging das Bankhaus Gumbel-Kiefe in die Bank für Handel und Industrie, Niederlassung Heilbronn, über. Zu diesem Zeitpunkt zog das Ehepaar Gumbel, das keine Kinder hatte, nach Stuttgart, zunächst in die Militärstraße 93 B (heute Breitscheidstraße), dann 1924/25 in die Hölderlinstraße 48.
In der Wohnung Hölderlinstraße 48 wohnten seit 1908/1909 die Eltern von Selma Gumbel, Emil und Mathilde Frank. Der Vater starb 1924, und vermutlich zogen Selma und Gottfried Gumbel zu der Mutter in die Wohnung. Mathilde Frank, sie starb 1929. Das Ehepaar Gumbel blieb in dieser Wohnung, bis sie 1932 in das von beiden je zur Hälfte gekaufte und von den Architekten Bloch und Guggenheimer gebaute Haus in der Cäsar-Flaischlen-Straße 7 einzogen.
Ob Gottfried Gumbel seine Bankgeschäfte von Stuttgart aus erledigte, wissen wir nicht. 1933 erlosch das Bankhaus in Heilbronn.
Gottfried Gumbel war die letzte Zeit seines Lebens als Kassierer des Jüdischen Schwesternheims in der Dillmannstraße 19 in Stuttgart-West tätig.
Selma Gumbel, geborene Frank, wurde 1882 in Horb in eine angesehene Familie hineingeboren. Fünf Jahre später kam ihre Schwester Erna zur Welt. Im November 1880 war bereits ein Junge, Fritz David, geboren worden, der jedoch schon im Februar 1881 verstarb. In Horb wuchsen die Mädchen wohlbehütet auf. Die Familie Frank zog 1865 nach Horb und eröffnete dort ein großes Kaufhaus, das sie bis 1899 betrieb und dann verkaufte.
Selma Frank verlobte sich am 26. Mai 1903 mit Gottfried Gumbel und heiratete ihn am 24. August 1903 in Horb. Sie zog zu ihrem Ehemann nach Heilbronn. Die Schwester Erna heiratete nach Mannheim und konnte später mit ihrer Familie nach Frankreich emigrieren und dort überleben. In Annecy (Frankreich) starb Erna, verheiratete Hockenheimer, am 9. Februar 1965.
Die Eltern Selmas zogen vermutlich 1908 nach Stuttgart, zunächst in die Forststraße 72 und dann in die Hölderlinstraße 48.
Wie Selma Gumbel ihr Leben gestaltete, wissen wir nicht.
Zusammen mit ihrem Mann wurde sie am 12. März 1942 nach Dellmensingen bei Ulm in das „Jüdisches Altersheim“ zwangsumgesiedelt. Sicherlich hatten beide die Hoffnung, dort zwar eingeschränkt, aber doch in Ruhe weiterhin leben zu können. Dem war nicht so. Bereits im August 1942 wurden sie wieder nach Stuttgart befördert um von dort aus am 22. August, einem Samstag, mit etwa 1000 anderen jüdischen Menschen nach Theresienstadt deportiert zu werden. Dort kamen beide um.
Selma Gumbel wurde 62 Jahre und Gottfried Gumbel 70 alt.
Recherche und Text: Stolpersteininitiative Stuttgart-West, 2013/Margot Weiß.
Quellen:
Stadtarchiv Stuttgart, Staatsarchiv Ludwigsburg, Entschädigungsakten
Standesamt Stuttgart, Stadtarchiv Heilbronn, Stadtarchiv Horb.
Adressbücher der Stadt Heilbronn (Herr Hirschmann).
Internet: Wikipedia/Gumbel 8.11.2012
Joachim Hahn: Friedhöfe in Stuttgart, Pragfriedhof,
Bilder: Staatsarchiv Ludwigsburg, Passakten.
I
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