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Else Himmelheber, Adlerstr. 24

Widerstandskämpferin Opfer Mahnerin

Else HimmelheberElse Himmelheber wurde 1905 in Ostheim geboren, 1911 zog sie nach Heslach in die Adlerstraße 24. Das Quartier war schlicht, mit einem lauten Gewerbebetrieb im Haus und zwei Zimmern für die sechsköpfige Familie Himmelheber – damals normaler Standart für Arbeiter. Auch die soziale und politische Umgebung prägte Else Himmelheber früh. Das rote Heslach votierte bei der Reichstagswahl 1912 zu 74% für die SPD. Dann bremste der erste Weltkrieg die Arbeiterbewegung. Der Familienvater Philipp Himmelheber wurde eingezogen und überlebte zwar den Krieg, starb aber auf dem Rückmarsch von der Westfront an Lungenentzündung. Die Mutter musste ihre vier Kinder mit Nähen durchbringen. Bei Kriegsende schloss sich Else, gerade 13 Jahre alt, der kommunistischen Jugendorganisation an. Dann riskierte sie den ersten großen Konflikt: sie verweigerte die Konfirmation. Dem vereinten Druck von Pfarrer und Mutter gab sie zwar am Ende nach, aber ihr Eintrag auf der Liste von 64 Konfirmandinnen der Matthäusgemeinde im Jahre 1918 sagt alles – es ist der letzte. Trotz ihrer minimalen Schulbildung von sieben Jahren Volksschule arbeitete sich Else Himmelheber zur Kontoristin hoch. Beim Reichsparteitag der KPD im Jahre 1925 hielt sie ein Referat über die Frauenarbeit, 1931 zog sie nach Berlin, wo sie wahrscheinlich bei der Reichsleitung der KPD für die Frauenarbeit angestellt war und Artikel in Parteizeitungen schrieb. Nach der Machtergreifung der Nazis wurde sie sofort verhaftet und ins KZ Morungen eingeliefert. 1938 wurde sie entlassen, von Heinrich Himmler persönlich. Alle Jahre wieder erschien der SS-Führer in Morungen und entschied scheinbar willkürlich, welchen Häftlingen er die Freiheit schenkte. Ein Kriterium allerdings traf auf alle Amnestierten zu: Himmler begnadigte nur Blondinen. Als Reaktion darauf färbte sich Else Himmelheber nach ihrer Freilassung die Haare schwarz, denn sie wollte nicht dem Rasse-Ideal der Nazis entsprechen. Sie kehrte in die elterliche Wohnung nach Stuttgart zurück. 1943 traf sie Friedrich Schlotterbeck wieder, den sie aus der kommunistischen Jugendarbeit kannte und der zehn Jahre im KZ Welzheim inhaftiert gewesen war. Im Mai 1944 wollten Else Himmelheber und Friedrich Schlotterbeck heiraten, doch eine Woche vor dem geplanten Termin mussten sie vor der Gestapo fliehen. Auf getrennten Wegen versuchten sie, in die Schweiz zu entkommen. Friedrich Schlotterbeck gelang die Flucht, Else Himmelheber wurde im Zug verhaftet. In der Stuttgarter Gestapozentrale wurde sie monatelang verhört und vermutlich auch gefoltert, ohne dass sie Angaben über ihre Verbindungen und ihre Untergrundtätigkeit machte.
Am 27. November 1944 wurden Else Himmelheber, die Eltern ihres Verlobten und dessen Schwester von Stuttgart nach Dachau transportiert. Am 30. November wurden sie dort erschossen.

Siegfried Bassler

Ausführlich wird über Else Himmelheber berichtet in dem im Herbst im Markstein-Verlag erschienenen Buch “Stuttgarter Stolpersteine- Spuren vergessener Nachbarn”.

Literatur: Friedrich Schlotterbeck: Je dunkler die Nacht… Erinnerungen eines deutschen Arbeiters 1933-1945 (mit einem Nachwort von Christa Wolf). 1986, Gabriele Walter Verlag, Stuttgart

Stolperstein Else HimmelheberDie Initiative Stolperstein Stuttgart-Süd will mit ihren Aktivitäten an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft im Stadtbezirk erinnern, damit Rassismus, Antisemitismus und Faschismus – egal welcher Ausprägung – niemals wieder eine Chance haben. Insbesondere durch die Verlegung von Gedenksteinen vor den Wohnhäusern ehemaliger jüdischer Nachbarn und anderer NS-Opfer soll dieses Stück Geschichte als Mahnung in den Alltag zurückgeholt werden. Solche Stolpersteine wurden im Frühjahr 2005 von dem Kölner Künstler Gunter Demnig auch im Stuttgarter Süden verlegt, weitere Verlegungsaktionen sind geplant. Da die Kosten für einen Stein (inklusive das Gravieren des Textes und die Verlegung vor Ort) 95 EUR betragen, sind Spenden herzlich willkommen.

Else-Himmelheber-StaffelSiegfried Bassler, ehemaliger Bezirksvorsteher von Stuttgart-Süd und Heimatforscher, spricht über das Schicksal von Else Himmelheber an der nach ihr benannten Staffel in der Nähe des Marienplatzes (Armin-/Hohenstaufenstraße). Ihre Geschichte hat er in einer eigenen Broschüre mit dem Titel “Else Himmelheber – Widerstandskämpferin, Opfer, Mahnerin” dokumentiert und gewürdigt. 
Foto: Jörg Munder

Text & Recherche: Siegfried Bassler Stuttgart-Süd Stand: 11,2004

Quellen:
Ausführlich wird über Else Himmelheber berichtet in dem im Herbst im Markstein-Verlag erschienenen Buch “Stuttgarter Stolpersteine- Spuren vergessener Nachbarn”.
Literatur: Friedrich Schlotterbeck: Je dunkler die Nacht… Erinnerungen eines deutschen Arbeiters 1933-1945 (mit einem Nachwort von Christa Wolf). 1986, Gabriele Walter Verlag, Stuttgart