Alfred Broghammer
Alfred Broghammer wurde am 2. Juni 1911 in Stuttgart geboren. Der Vater hatte die Familie schon früh verlassen und lebte mit seiner Freundin zusammen.
Rosa Broghammer und ihr Sohn lebten in sehr schlechten Verhältnissen, da der Vater seine Familie kaum unterstützte.
Die Mutter bestritt den Lebensunterhalt für sich und ihren Sohn mit Putzen und Nähen.
Eine Rückenmarksverletzung – nach eigenen Angaben hatte er sich
diese durch die Misshandlungen seines Vaters zugezogen – bereiteten
Alfred Broghammer große Schmerzen, die ihn immer wieder bett-
lägerig machten. Auch diese Krankheitsphasen trugen zur Not der
Familie bei. Ohne die Unterstützung durch seine Freundin Gertrud
Hafner, die in der Strohbergstraße wohnte, hätte er sich ab 1933
kaum über Wasser halten können, da er als Journalist nur wenig
verdiente und wegen seiner politischen Einstellung alle Versuche
scheiterten, eine feste Anstellung bei einer größeren Zeitung zu
bekommen.
Schon vor 1933 hatte er Verbindung zum kommunistischen Jugend-
verband. Nach 1933 hielt er durch Rundbriefe Kontakt zu jungen
Menschen, die aus der bündischen Jugend kamen und mit deren Auflösung nicht
einverstanden waren. Vor allem hatte er Kontakt ins Rheinland – zu der illegalen Gruppe um den Bonner Studenten Michael Jovy, die im gesamten Reich Freunde und Unterstützer hatte. Zu diesem Freundeskreis zählte auch Ernst Reden aus Köln, der in Ulm mit Hans Scholl eine illegale Jugendgruppe schuf.
Diese Gruppen waren zumeist beeinflusst durch das von der dj.1.11 ausgehende „jungenschaftliche“ Milieu, blieben resistent gegenüber dem totalen Machtanspruch des Staates, knüpften Kontakte zur deutschen und jüdischen Emigration in Paris, informierten über die Auswirkungen des Rassenwahns und halfen verfolgten und notleidenden Juden.
Ende 1939 verhaftete die Gestapo die Mitglieder der Jovy-Gruppe. Auch Alfred Broghammer wurde in Stuttgart verhaftet, war dann etwa ein halbes Jahr im Hotel Silber, bevor man ihn ins Reichssicherungshauptamt nach
Berlin überstellte. Der Prozess fand in Berlin vor dem Volksgerichtshof statt.
Alfred Broghammer wurde wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu zwölf Jahren
Zuchthaus verurteilt. Er kam im Frühjahr 1941 nach Ludwigsburg, war zuerst im Zellenbau.
Ab Frühjahr 1938 hatte der Bosch-Konzern im Zuchthaus Ludwigsburg eine Art „Zweigwerk“ eingerichtet, in dem die Häftlinge Anker für verschiedene Typen von Lichtmaschinen wickeln mussten. Auch Alfred Broghammer arbeitete in diesem Bau II – bis er dort im Keller an TBC erkrankte.
Nach einem kurzen Spitalaufenthalt wurde er auf den Hohenasperg verlegt, wo er am 21. Juli 1943 an Bauchtuberkulose starb. Die Mutter erreichte die Todesnachricht nicht mehr, sie war bereits am 27. Juni 1943 gestorben.
Recherche und Text: 2012 / Elke Martin / Werner Schmidt, Initiative Stolpersteine Stuttgart-Süd.
Quellen: Berichte von Curt Letsche aus dem VVN-Archiv; Foto: VVN-Archiv;
Wiedergutmachungsakte Thomas Broghammer im Staatsarchiv Ludwigsburg;
Beitrag „Bündischer Mythos und bündische Opposition“ in „Piraten, Swings und Junge Garde: Jugendwiderstand im Nationalsozialismus / Matthias von Hellfeld …“ (herausgegeben von Wilfried Breyvogel – Bonn: Dietz, 1991),
Internet: e.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Jungenschaft_vom_1._November_1929;
de.wikipedia.org/wiki/Michael_Jovy; www.zeit.de/1983/49/gegen-hitler-wir-waren-keine-helden.
STOLPERBLICK - StolperKunst in Corona-Zeiten
Künstler*innen bleiben gerade auch in diesen Zeiten präsent und begegnen einem konkreten Stuttgarter Stolperstein oder einem anderen Ort, der in Stuttgart an die Verfolgungen in der NS-Zeit erinnert
http://www.stolperkunst.de/stolperblick-stolperkunst-in-coronazeiten/
Silke Arning auf SWR2 über das Los der Zwangsarbeiter im Lager auf der Schlotwiese
StolperKunst belebt Erinnerung
...ein Projekt der Stuttgarter Stolperstein-Initiativen gegen Geschichtsvergessenheit!
Warum Stolpersteine?
Für Hannelore Levi und ihre Eltern Berta und Ernst, letztere 1942 in Riga ermordet, wurden im Herbst 2017 Stolpersteine in Stuttgart verlegt. Pip McCosh (*1965, Neuseeland), Tochter von Hannelore Levi (*1928, Stuttgart, gest. 2012, Neuseeland) schrieb am 22. Januar 2018 eine e-mail, die anschaulich zeigt, dass Stolpersteine ihre Schleifen bis ins Hier und Jetzt ziehen...
Übersichtskarte der Stolpersteine
in der Reihe TÜBINGER JUDAISTISCHE STUDIEN erschienen:
Briefe zur JÜDISCHEN EHEVERMITTLUNG 1911-1921
Publikationen aus dem Stuttgarter Norden
Broschüre über „Else Kahn, geb. Jeselsohn. Nachgetragene Würde – nachgetragene Liebe. Eine Lebensgeschichte“
Broschüre „Der Killesberg unterm Hakenkreuz"
Der Stuttgarter "Judenladen": Ein fast vergessenes Stück Stuttgarter Stadtgeschichte
Die Geheime Staatspolizei in Württemberg und Hohenzollern
Ingrid Bauz, Sigrid Brüggemann, Roland Maier
Das jüdische Zwangsaltenheim in Eschenau und seine Bewohner
Herausgegeben von Martin Ulmer und Martin Ritter
Aus dem KZ Theresienstadt: "Was mich aufrecht erhielt, war die Post ..."
Postkarten aus Theresienstadt von Gertrud Nast-Kolb an ihre Tochter Ilse in Stuttgart (1944-1945)
heraus-gegeben von Margot Weiß
Verlegt
Krankenmorde 1940-41 am Beispiel der Region Stuttgart
heraugegeben von Elke Martin
Ernst Köhler
im August 1940 in Grafeneck ermordet - weil er krank war
weiter
Walter, Hanna, Sofie, Rose, Erich, Auguste, Albert und Werner Levi
die ganze Familie wurde von den Nazis auf erschreckend gründliche Weise vernichtet weiter
Max und Mathilde Henle
Letzter frei gewählter Wohnort:
Hohentwielstrasse 146 B, Stuttgart Süd
Lydia Heilborn und ihre Tochter Gertrud
die Tochter in Grafeneck ermordet, die Mutter in Theresienstadt weiter
Hermine Wertheimer
zwangsevakuiert, deportiert und enteignet weiter