Santa Meyer, geb.Stern mit ihren vier Kindern
Gertrud-Dina, Lore-Mina, Fritz-Jacob, Ilse-Sophie.
Senta Meyer wurde am 15. Januar 1903 im hohenlohischen Dorf Michelbach an der Lücke als Tochter des Viehhändlers Jakob Stern und seiner Ehefrau Sidonie, geb. Mezger, geboren. Der Anteil der jüdischen Bevölkerung des Ortes betrug im Jahr 1869 30 Prozent, weshalb Michelbach damals zu den typischen „Judendörfern“ im nördlichen Württemberg gezählt wurde. Als in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts die Juden nach und nach die volle rechtliche Gleichstellung als Bürger des Königreichs Württemberg und damit auch die Zulassung zu bisher nicht erlaubten Berufen erhielten, zogen viele von ihnen in die Städte.
Links die Synagoge in Michelbachan der Lücke:
der Bau von 1757 wurde 1843/44 erneuert, am 9./10. November 1938 nicht beschädigt, 1982/84 vor dem drohenden Einsturz bewahrt und als Gedenkstätte sorgfältig restauriert.
Rechts die Synagoge in Bopfingen-Oberdorf:
erster Bau 1744/45, Neubau 1809/12, am 9./10. November 1938 von Juden und Nichtjuden vor der Niederbrennung bewahrt. Nach 1945 Turnhalle, 1950-69 katholische Kirche, dann Lagerhalle. 1993 als Gedenkstätte renoviert, seit 1997 ist hier auch ein "Museum zur Geschichte der Juden im Ostalbkreis" untergebracht
Zu ihnen gehörte auch die Familie Stern, die mit vier Kindern – später kamen noch zwei Geschwister dazu – 1903 nach Crailsheim zog.
Am 1. November 1921 heiratete Senta, noch vor ihrem 19. Geburtstag, in Oberdorf, heute ein Stadtteil von Bopfingen am Ipf, den zehn Jahre älteren Viehhändler Albert Meyer, der jedoch schon 1934 in Stuttgart verstarb und in Oberdorf beerdigt wurde. Das Vermögen, das er der Witwe und den Kindern hinterließ, muss recht umfangreich gewesen sein. Gestattete es der Witwe doch, noch im gleichen Jahr in Stuttgart-Süd in der Altenbergstraße das noch im Ausbau befindliche Haus Nr. 42 zu erwerben.
Als Hausbewohner nennen die Adressbücher der Stadt Stuttgart neben der Mutter Sidonie - 1939 verstorben und auf dem israelitischen Teil des Pragfriedhofs beigesetzt.
Schwester Jenny mit ihrem Mann Eugen Grimmiger, zwei Schwestern, die noch 1939 nach England emigrieren konnten, und mehrere nichtjüdische Mieter.
Merkwürdigerweise erscheint der Name Senta Meyer in den Stuttgarter Adressbüchern der Jahre bis 1938 nicht unter den Bewohnern ihres Hauses Altenbergstraße 42. Obwohl ein Vermerk in den Bopfinger Akten lautet „Neue Wohngemeinde 1934 Stuttgart“, hat sie erst am 5. Mai 1939 ihren Umzug nach Stuttgart gemeldet. Jenny und Eugen Grimminger 1932.
Fest steht, dass Frau Meyer in den Jahren 1939, 1940 und 1941 in der Arminstraße 15 gewohnt hat, in einem Haus, das in jüdischem Besitz war, vom NS-Staat 1940/41 zum „Judenhaus“ bestimmt und mit jüdischen Menschen zwangsweise überbelegt wurde.
Von hier aus musste Senta Meyer mit ihren vier Kindern im Alter von 19, 15, 13 und 10 Jahren die Reise in den Tod antreten. Sie führte zunächst in das Sammellager auf dem Killesberg, dann vom 1. - 4. Dezember 1941 vom Güterbahnhof des Nordbahnhofs aus in einem Zug mit alten, ungeheizten und überfüllten Personenwagen nach Riga.
Im Nebenlager „Jungfernhof“ des Ghettos von Riga starben die Menschen an der Kälte, an Hunger und Krankheiten „wie die Fliegen“ - so nannte es ein Überlebender.
Trotzdem ging den SS-Befehlshabern das Sterben nicht schnell genug, und so wurden an einem Tag – am 26. März 1942 – 1.500 Menschen an großen Gruben im Wald von Bikernieki nahe Riga erschossen – darunter Frau Senta Meyer mit ihren vier Kindern, das jüngste zehn Jahre alt …
Recherche und Text: 2010 / Franz Schönleber, Initiative Stolpersteine Stuttgart-Süd.
Quellen: Staatsarchiv Ludwigsburg, Stadtarchiv Stuttgart.
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Publikationen aus dem Stuttgarter Norden
Broschüre über „Else Kahn, geb. Jeselsohn. Nachgetragene Würde – nachgetragene Liebe. Eine Lebensgeschichte“
Broschüre „Der Killesberg unterm Hakenkreuz"
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Die Geheime Staatspolizei in Württemberg und Hohenzollern
Ingrid Bauz, Sigrid Brüggemann, Roland Maier
Das jüdische Zwangsaltenheim in Eschenau und seine Bewohner
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Aus dem KZ Theresienstadt: "Was mich aufrecht erhielt, war die Post ..."
Postkarten aus Theresienstadt von Gertrud Nast-Kolb an ihre Tochter Ilse in Stuttgart (1944-1945)
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Verlegt
Krankenmorde 1940-41 am Beispiel der Region Stuttgart
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Ernst Köhler
im August 1940 in Grafeneck ermordet - weil er krank war
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Walter, Hanna, Sofie, Rose, Erich, Auguste, Albert und Werner Levi
die ganze Familie wurde von den Nazis auf erschreckend gründliche Weise vernichtet weiter
Max und Mathilde Henle
Letzter frei gewählter Wohnort:
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Lydia Heilborn und ihre Tochter Gertrud
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Hermine Wertheimer
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