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Alice und Margot Horwitz, Henriette Ottenheimer, Rebekka und Ernst Sander, Rosenstr. 35

Fünf Stolpersteine für
Elise Amalie (Alice) Horwitz geb. Blumenstiel (*20.2.1901 in Frankenthal),
ihre Tochter Margot Horwitz (*14.9.1929 in Nürnberg),
ihre Tante Henriette Ottenheimer (*20.11.1878 in Mannheim),

Rebekka Sander geb. Mayer (*6.8.1870 in Heppenheim) und
ihren Sohn Ernst Sander (*20.8.1894 in Darmstadt).

Zusammenfassende Darstellung der Rechercheergebnisse:

Die Gedenksteine vor dem Haus Rosenstraße 35 erinnern an fünf Bewohner im 1. Stock dieses Hauses, die ab 1936 zu unterschiedlichen Zeiten hier einzogen. Im Herbst 1939 jedoch mussten alle zusammen das Haus wieder verlassen und in die Seestraße 64 ziehen; in ein Haus in jüdischem Besitz. So verlangte es die „Regelung der Mietverhältnisse mit den Juden in Stuttgart“ vom August 1939.
Da die Rosenstraße 35 somit die letzte selbst gewählte Wohnung war, sollen die Steine hier ihren Platz finden, auch wenn die Verweildauer an dieser Adresse zeitweise nur wenige Monate betrug.

Rosenstr. 35 um 1900Rosenstrasse um 1900, das Bild stammt aus dem Buch: Richard Zanker – Geliebtes altes Stuttgart, Stuttgart 1963, Seite 57.
Im Bildnachweis wird als Herkunft “Heimatmuseum Ludwigsburg” genannt.

Im März 1936 bezog Frau Alice Horwitz aus Schwäbisch Hall kommend mit ihren Töchtern Ruth Lina, geboren am 9.12.1923 in Frankenthal, und Margot Sidonie, geboren am 14.9.1929 in Nürnberg, die Wohnung. Nach häufig beobachteter Tradition hießen die Mädchen mit zweitem Namen nach den beiden Großmüttern. Die Großmutter Sidonie Blumenstiel war eine geborene Levi aus Ludwigsburg, das jüngste Kind von elf Geschwistern. – Eltern: Hirsch und Rösle Levi aus Freudental, s. Joachim Hahn, „Jüdisches Leben in Ludwigsburg“.

Alice Horwitz geb. Blumenstiel wurde am 20.2.1901 in Frankenthal geboren. Sie hatte noch einen jüngeren Bruder namens Herbert (Jg.1902), der Bankbeamter war. Am 20.7.1922 heiratete sie in Frankenthal den aus einer Kaufmannsfamilie in Nürnberg stammenden Kaufmann Arthur Horwitz (Jg.1887). Die junge Familie wohnte in Nürnberg.

Des Weiteren geht aus der Nürnberger Meldekarte hervor, Arthur Horwitz sei am 16.9.1932 unbekannt verzogen. Ob der Tod eines älteren Bruders mit dieser Lebenswende zu tun hatte, kann nur vermutet werden. Auf jeden Fall vermerkt die Einwohner-Meldekarte über den 1877 geborenen ledigen Spezialarzt für Magen- und Darmkrankheiten Dr. Ludwig Horwitz: „07.04.1931: Selbstmord durch Ertrinken“.

Die Ehe von Alice und Arthur Horwitz wurde laut Eintragung in der Heiratsurkunde am 6.3.1934 rechtskräftig geschieden. Arthur Horwitz wanderte offenbar in die USA aus, wo er laut Sterbeurkunde am 29.1.1960 in New York starb.

Alice zog nach der Scheidung 1935 mit ihren Töchtern von Nürnberg weg und wohnte zunächst etwa ein Jahr in Schwäbisch Hall, wo sie als Verkäuferin bei der Firma Maute arbeitete. Als ihr Arbeitgeber im März 1936 wegen des Judenboykotts sein Geschäft aufgeben musste und es zudem Tochter Ruth verwehrt wurde, in Schwäbisch Hall die Höhere Schule zu besuchen, zog die Mutter laut dortiger „Judenkartei“ mit den beiden Mädchen in die Rosenstraße 35 nach Stuttgart, wo kurz zuvor eine Jüdische Schule gegründet worden war.

Alice Horwitz ist in keinem der Stuttgarter Adressbücher unter dieser Adresse aufgeführt, erst Anfang 1939 in der ersten von fünf „Judenlisten“ des Statistischen Amts der Stadt Stuttgart. Der Vorgänger in der Wohnung, Stadtbaumeister Emil Kirchner, ist erst ab 1937 unter einer anderen Adresse zu finden. Dafür hatte Schuhmacher Wolf aus dem Erdgeschoss offenbar nun auch Räume im 1. Stock belegt.

Frau Horwitz „arbeitete zunächst als Fürsorgerin bei der Jüdischen Gemeinde, nach 1938 bei der nach der Reichspogromnacht neu entstandenen jüdischen Verwaltung, die sich Mittelstelle nannte.“ (zit. nach: Elke Däuber, Andreas Maisch: „Geachtet – Ausgegrenzt – Verfolgt. Jüdische Einwohner in Schwäbisch Hall 1933-1943“. Angaben auch nach Wiedergutmachungsakten beim Staatsarchiv Ludwigsburg.)

Nach und nach kamen weitere Bewohner im 1. Stock hinzu.

Zunächst zog, laut seinem „Arbeitsbuch“, Anfang April 1937 Ernst Sander mit seiner Frau vom Honoldweg 25 „zu Frau Horwitz“, wie Frau Marta Sander nach dem Krieg im Wiedergutmachungsverfahren angab.

Ernst Sander wurde 1894 in Darmstadt geboren, als einziger Sohn des Kaufmanns Rudolf Moritz Sander (Jg.1859) und der Rebekka Sander geb. Mayer aus Heppenheim. Beide stammten aus alten Kaufmannsfamilien. Rudolf Sander hatte sechs Geschwister. Der einzige Bruder von Rebekka, Dr. phil. Adolf Meyer (er schrieb sich mit „ey“) besaß in Stuttgart die Schwanenapotheke Ecke Marktstraße und Eberhardstraße. Leider verstarb dieser Onkel bereits vor dem Ersten Weltkrieg, so dass sich der Wunsch des Neffen, Pharmazie zu studieren und dann die Apotheke zu übernehmen, nicht verwirklichen ließ.

1914 meldete sich Ernst Sander als Kriegsfreiwilliger und war nach Angaben seiner Frau bis 1918 Soldat bei der Deutschen Wehrmacht.

Ernst Sander trat in die vom Großvater 1855 gegründete Manufakturwarenhandlung am Marktplatz 5 in Darmstadt ein. Sein Vater Rudolph Moritz Sander hatte diese seit 1881 zusammen mit seinem Bruder Julius betrieben. Nach dem Tod von Julius Sander im Jahr 1925 gab man den Betrieb auf. Ernst Sander arbeitete nun bei einer Automobilfirma als Verkäufer. Sein Vater starb 1930.

Etwa 1932 zog Ernst Sander nach Stuttgart, wo er im Dezember desselben Jahres Marta Trinkner (Jg.1908) aus einer christlichen Familie in Freudental bei Ludwigsburg heiratete. Kinder gingen aus der Ehe nicht hervor. Zunächst wohnte das Ehepaar bei Helene Levi geb. Sander (Jg.1856), einer verwitweten Tante, in der Gartenstraße 15 (heute Fritz- Elsas- Straße). Sie war eine Schwester von Ernsts Vater, die 1875 den aus Rexingen stammenden Lithographen Uri Levi geheiratet hatte. Ihre Söhne nahmen später den Mädchennamen der Mutter an.

Ernst Sander arbeitete ab 1932 bei der Firma Spahr, DKW-Vertretung in der Kronenstraße, wieder als Autoverkäufer.
Diese recht gut bezahlte Tätigkeit gab Ernst Sander unter dem Druck der Verhältnisse Mitte 1933 auf – die Firma selbst bestritt nach dem Krieg eine negative Einflussnahme. In Berlin bei Estella Meyer (Jg.1880), der Witwe seines Onkels Dr. Adolf Meyer, und auch in Brüssel bei einer Kusine versuchte er Fuß zu fassen. Er konnte jedoch nirgends eine angemessene Stelle finden und musste als Autowäscher, zurück in Stuttgart, auch als Kraftwagenfahrer arbeiten. Von 1941 bis 1942 arbeitete er als Bürogehilfe bei Rechtsanwalt Dr. Ostertag.

Nach der Pogromnacht im November 1938 beschlossen die bisherigen Bewohner der Wohnung im 1. Stock ihre betagten Familienangehörigen aus den Heimatorten zu sich zu holen.

Wann genau Rebekka Sander aus Darmstadt zu Sohn und Schwiegertochter zog, ist nicht genau feststellbar. 1939 taucht sie noch im dortigen Adressbuch auf. Laut Schilderung der Schwiegertochter in der Wiedergutmachungsakte erlitt Rebekka Sander, mit verschuldet durch die ständigen Aufregungen wegen „Judenvermögensabgabe“ und anderen Schikanen, 1938/39 einen Schlaganfall, der zur Lähmung führte. Ob sie schon zum Zeitpunkt ihres Umzugs nach Stuttgart vollkommen gelähmt war, oder aber erst in Stuttgart erkrankte, geht aus der Akte nicht hervor. In der ersten „Judenliste“ vom Januar 1939 ist sie noch nicht aufgeführt.

Anfang Dezember 1938 zog Moses Blumenstiel (Jg.1866), der Vater von Alice Horwitz, von Frankenthal nach Stuttgart in die Rosenstraße 35. Für ihn wurde 2006 in Frankenthal ein Stolperstein verlegt.

Nun kam noch, ebenfalls aus Frankenthal, Henriette Ottenheimer hinzu. Von ihr gibt es nur ganz spärliche Spuren. Sie war eine der unverheirateten Frauen, die häufig bei Eltern oder Geschwistern wohnten und nicht immer einen eigenen Eintrag in den Adressbüchern hatten. Sie wurde am 20.11.1878 in Mannheim als jüngstes von vier Kindern des Pferdehändlers Lazarus (Louis) Ottenheimer und seiner Frau Ida geb. Strauß geboren. Ihre ältere Schwester Frieda heiratete in Frankenthal Max Blumenstiel, einen der drei Brüder von Moses Blumenstiel. Bei dieser seit 1926 verwitweten Schwester hatte sowohl Henriette Ottenheimer, als auch ab 1928 der verwitwete Vater von Alice Horwitz gewohnt.

Henriettes Schwester Frieda Blumenstiel starb Ende Dezember 1938. Ihre beiden Söhne Ludwig (Jg. 1901) und Kurt Leopold (Jg. 1903) konnten auf Umwegen über Belgien und verschiedene französische Lager bzw. über das KZ Dachau und Belgien in die USA emigrieren.

Man kann nur vermuten, dass Alice Horwitz sich verpflichtet fühlte, nun auch die Tante zu sich zu holen, nachdem ihr Vater bereits seit Anfang Dezember bei ihr lebte. Obwohl in Frankenthal erst Ende Februar 1939 als „weggezogen nach Stuttgart Rosenstraße 35 zu Blumenstiel“ vermerkt, ist Henriette Ottenheimer schon in der ersten Stuttgarter „Judenliste“ vom Januar 1939 unter dieser Adresse zu finden. Vielleicht hatte ja Alice Horwitz, die bei der „Mittelstelle“ arbeitete, die Tante schon vorsorglich eintragen lassen. Schließlich ging es um die Zuteilung von Lebensmittelmarken und anderen wichtigen Bezugsscheinen.

Aufgrund welcher persönlichen oder familiären Verbindungen es zu dieser ungewöhnlichen Wohngemeinschaft gekommen war, lässt sich nicht mehr ganz klären. Dr. Emil Sander (Jg.1877), ein Vetter von Ernst Sander, Sohn des Lithografen Uri Levi und seiner Frau Helene geb. Sander, war niedergelassener Augenarzt in Stuttgart. Ab 1935 bis zu seinem Tod Ende 1937 war er Mitglied des Israelitischen Gemeindevorsteheramts. Dadurch könnte die Verbindung zu Alice Horwitz zustande gekommen sein, die ja als Fürsorgerin bei der Gemeinde arbeitete. Friederike Sander, eine weitere verwitwete Verwandte, deren Identität und Schicksal bisher nicht geklärt ist, zog ebenfalls in die Rosenstraße 35 I. In der ersten „Judenliste“ von Ende Januar 1939 ist sie, ebenso wie die übrigen Bewohner, in der Rosenstraße 35 I vermerkt. Sie ist aber nach dem Umzug der übrigen Bewohner in die Seestraße 64 weiterhin unter der Adresse Rosenstraße 35 I aufgeführt. Ab der Liste von Ende Dezember 1941 fehlt ihr Name, ebenso im Adressbuch 1942. Wer war sie genau? Wohin ging sie?
(Von Dr. Emil Sander ist eine 1931 verfasste eindrucksvolle Familiengeschichte beim Leo Baeck Institut in New York hinterlegt, die auch im Internet zu finden ist. Dort wird Rebekka Sander als „Tante Rickchen geb. Mayer aus der Riedeselstraße“ erwähnt).

Emil Sanders Bruder Rudolf Sander (Jg.1880), der die Lithografische Anstalt des Vaters übernommen hatte, konnte mit seiner Familie, einschließlich der über 80jährigen Mutter, rechtzeitig nach USA emigrieren.

Am 10.August 1939 erschien im Amtsblatt der Stadt Stuttgart als neue Verordnung „die Regelung der Mietverhältnisse mit den Juden in Stuttgart“. Alle Juden, die in Häusern in „arischem“ Besitz wohnten, mussten bis spätestens 1. Dezember in Häuser in jüdischem Besitz umziehen. Das Haus Rosenstraße 35 gehörte – wie auch das Haus 37 – laut Adressbuch den Erben der „arischen“ Witwe Heinrike Gwinner.

Der gemeinsame Umzug in das „Judenhaus“ in der Seestraße 64 war noch nicht der Beginn der ganz schlimmen Zeit, ein Umzug und eine Zeit, die laut Aussagen von Ernst Sanders Frau noch als erträglich empfunden wurde. Gerade noch rechtzeitig muss es Alice Horwitz gelungen sein, ihre 15-jährige Tochter Ruth Lina am 25. August 1939 auf einem „Kindertransport“ nach England unterzubringen – wenige Tage vor Kriegsausbruch, der das Ende dieser denkwürdigen Rettungsaktion bedeutete, bei der in ca. 9 Monaten etwa 10 000 jüdische Kinder in Sicherheit gebracht werden konnten. Die kleine Margot blieb bei der Mutter.

Das Zusammenleben der beiden Familien wurde Anfang 1942, noch vor der eigentlichen Deportation, Schritt für Schritt beendet, wobei genaue Daten fehlen. Moses Blumenstiel und Henriette Ottenheimer wurden in das so genannte „Jüdische Altersheim“ nach Herrlingen bei Ulm verfrachtet. Henriette Ottenheimer musste von dort aus den Weg in den Tod antreten. Am 26. April 1942 wurde sie von der Ländlichen Gaststätte am Killesberg aus mit etwa 300 weiteren Menschen nach Izbica, Distrikt Lublin deportiert. Keiner der Deportierten hat überlebt.

Moses Blumenstiel musste von Herrlingen aus noch nach Oberstotzingen, ebenfalls unweit von Ulm, in ein anderes „Altersheim“ weiterziehen. Seine Tochter Alice und die Enkelin Margot wohnten zwischenzeitlich wohl bei der Jüdischen Gemeinde in der Hospitalstraße 36. Erst im August waren sie wieder vereint – auf dem Killesberg, zum Abtransport nach Theresienstadt am 22. August 1942.

Moses Blumenstiel verstarb dort schon am 25. September 1942

 Stolperstein Moses Blumenstiel
Foto: Susanne Bouché-Gauger
 

Alice Horwitz sorgte mehr als zwei lange Jahre in vorbildlicher Weise im Krankenbereich für die völlig unterversorgten Mitgefangenen, unter anderen zusammen mit Resi Weglein aus Ulm, die nach der Rückkehr ihre Leidens- und Arbeitskollegin in ihrem Buch über die Zeit in Theresienstadt besonders hervorhebt. Über die endgültige Deportation von Alice und Margot Horwitz am 23. Oktober 1944 nach Auschwitz schreibt sie:
„Der fünfte Transport (nach Auschwitz) umfasste nur Kranke, so alle Insassen der Geniekaserne, sehr viele als tuberkulös gemeldete Fälle. Unsere frühere Fürsorgerin in Stuttgart, Frau Horwitz, deren Tochter zu diesen Gemeldeten gehörte, ging freiwillig mit dieser.“

Ernst Sander mit Frau, die ihm als „Arierin“ einen gewissen Schutz bieten konnte, wurde mit der gelähmten Mutter nach Rexingen verfrachtet, wo die Familie des Verwandten Uri Levi herstammte. Dort standen, wie in den Wiedergutmachungsakten vermerkt ist, „Wohnungen von bereits abtransportierten Juden zur Verfügung“. Ernst Sander selbst war inzwischen ebenfalls schwer krank. Er hatte sich, was durch ärztliches Gutachten im Nachhinein bestätigt wurde, wohl schon 1934 bei seiner nächtlichen Arbeit als Autowäscher in Berlin eine Blasenentzündung zugezogen, die nie ausgeheilt war und „welche im Laufe der Jahre durch die Ungunst der Verhältnisse und durch die mangelnde ärztliche Behandlung zu einer aufsteigenden Infektion auch der oberen Harnwege, der Nierenbecken und schließlich der Nieren selbst geführt hat.“
(Gutachten von Dr. Schwarz, Chefarzt am Krankenhaus Berg, Stuttgart).

Am 17. April 1943 wird Rebekka Sander in Rexingen von der Gestapo auf einer Tragbahre abgeholt. Der Sohn bittet inständig, seine Mutter begleiten zu dürfen, was ihm jedoch verwehrt wird. Am 9. Mai 1943 stirbt Rebekka Sander in Theresienstadt. Ernst Sander gerät in eine tiefe Depression, auch sein körperlicher Zustand verschlechtert sich. Nach kurzem Aufenthalt stirbt er am 29. August im Horber Krankenhaus im Alter von 49 Jahren an Urämie. Rechtsanwalt Dr. Ostertag führt die Beerdigung durch, weil kein Geistlicher mehr vorhanden war, der dies hätte tun können. Seine Witwe, die nach Freudental zu ihrer Mutter zog und dort selbst noch Ende des Krieges durch Fliegerangriff einen Arm verlor, erkämpfte sich über lange Jahre hinweg, mit Unterstützung von Dr. Ostertag, schließlich eine Wiedergutmachungsrente. Sie lebte bis zu ihrem Tod 1989 in ihrem Heimatort.

Auch den Lebensweg von Ruth Lina Horwitz können wir in England noch eine Zeit lang verfolgen. Sie lässt sich am Queen Mary’s Hospital Carshalton bei London zur Kinderkrankenschwester ausbilden und heiratet im September 1945 den 26-jährigen Army Captain Herbert Foster aus Yorkshire, der im Zivilberuf Buchhalter war. Sie wohnen ab 1948 in Kingston/Surrey, was zu London gehört. Dort wird im März 1949 die Tochter Gillian Alice geboren. Traditionsgemäß heißt sie mit zweitem Namen nach ihrer Großmutter.

Auch Ruth Foster muss lange um eine Anerkennung ihrer Wiedergutmachungsansprüche kämpfen. Obwohl ihr Vater erst 1960 in den USA starb, hatte die Tochter wohl keinen Kontakt zu ihm. Bis 1978 kann das Standesamt Kingston die Adresse von Familie Foster nennen, dann erfolgt ein Umzug, ab da ist der weitere Weg nicht mehr zu verfolgen, da es in Großbritannien keine polizeiliche Meldepflicht gibt.

Ruth Lina Foster wäre jetzt fast 88 Jahre alt, ihre Tochter Gillian Alice wäre 62.

Recherche und Text: Susanne Bouché, 11/2011, Initiative Stolpersteine Stuttgart: S-Nord in Kooperation mit S-Mitte.
Die fünf Gedenksteine wurden finanziert durch Initiative S-Nord.

Quellen: Die Angaben basieren auf den Wiedergutmachungsakten im Staatsarchiv Ludwigsburg, auf Gedenkbüchern von Stuttgart, Schwäbisch Hall, Frankenthal, Heppenheim, Nürnberg, Darmstadt und Mannheim, bzw. auf Mitteilungen der jeweiligen Stadtarchive. Weitere Quellen im Internet wie www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/ www.yadvashem.org, Internetseite Leo Baeck Institut.

Für Korrekturen und Ergänzungen wäre ich dankbar.