Girscha, Vera Rahel und Sigmund Schadchin
Girscha Schadchin wurde 1886 in Charkow/Ukraine geboren, später nannte er sich Georg. Er war Kaufmann und Vertreter. Seine Ehefrau Vera Rahel, geborene Busslowitsch wurde 1887 in Krementchuk/Ukraine geboren und war Hausfrau. In erster Ehe war sie mit Chaim Gissin verheiratet, aus dieser Ehe stammt die 1910 geborene Manja-Marie Gissin. Chaim Gissin verstarb, als seine Tochter zwei Jahre alt war. Aus dieser Ehe stammte auch ein 1908 geborener Sohn, welcher in Russland bleibt, wo sich seine Spur 1920 verliert.
Vera und Georg Schadchin haben um 1913/14 geheiratet, und Manja-Marie wird vom Stiefvater an Kindesstatt aufgenommen. Wann die Familie nach Deutschland kam, ist nicht mehr bekannt. Ab 1915 waren sie in der Schwarenbergstraße 14/IV gemeldet, das Haus steht heute nicht mehr.
Der gemeinsame Sohn Sigmund wurde 1920 in Stuttgart geboren. Vermutlich ging er im Stuttgarter Osten zur Schule. Er war sehr begabt im Zeichnen und wollte, auch auf Wunsch der Eltern, eine Ausbildung im Dekorationszeichnen und Entwerfen an der Kunstgewerbeschule machen. Diese Ausbildung war jedoch nicht möglich, weil sein Vater verfolgungsbedingt seine Stellung verloren hatte und andererseits jüdische Schüler nicht mehr aufgenommen wurden. 1938 hat er seine Arbeit als Hilfsdekorateur bei Bamberger & Hertz in der Königsstraße verloren. Danach hat er als Bauarbeiter für die Firma Sauer gearbeitet und musste auch beim Abräumen der niedergebrannten Synagoge helfen. Auch sein Freund Otto Adler war gezwungen, diese Arbeit zu machen. Diesem gelang die Flucht 1940.
Die Tochter Manja-Marie hat 1937 Heinz Alexander geheiratet und ist 1938 nach Kolumbien ausgewandert.
Vera, Georg und Sigmund Schadchin mussten 1940 in die Kernerstraße 11, ein „Judenhaus“ ziehen. 1940 – 1941 musste Georg Schadchin als Zwangsarbeiter in der Zuckerfabrik in Cannstatt arbeiten. 1940 kam Sigmund Schadchin in das Lager Bielefeld, wo er wie andere junge Juden für folgende Arbeiten eingesetzt wurde: Straßenbau, Luftschutzkellerbau, Müllabfuhr, Latrinendienst und Kohlentransport. Das Lager unterstand der Gestapo Bielefeld, ein Entgelt ging von den Firmen an das Lager, nicht an die Arbeiter.
Am 1.12.1941 sind beide Eltern und Sigmund Schadchin nach Riga deportiert worden. Vorher erfolgte noch die Zwangsevakierung nach Haigerloch. Die Eltern wurden in Riga getrennt, Vater und Sohn kamen ins KZ Salsapils bei Riga. Die Mutter kam vom KZ Jungernhof zurück ins Ghetto Riga, wohin der Vater ebenfalls zurückkam. Dort blieben sie bis 1943. Ihre letzte Station war das KZ Kaiserwald bei Riga, das Datum der Todeserklärung lautet 8.05.1945. Sigmund Schadchin war von 1943 – 1944 als Zwangsarbeiter im Heereskraftfahrpark, dann kam er nach Godenhofen bei Lauenburg. In Lauenburg stirbt er am 6.03.1945 an Schwäche.
Recherche: Harald Stingele
Text: Karen Jaeger
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Broschüre über „Else Kahn, geb. Jeselsohn. Nachgetragene Würde – nachgetragene Liebe. Eine Lebensgeschichte“
Broschüre „Der Killesberg unterm Hakenkreuz"
Der Stuttgarter "Judenladen": Ein fast vergessenes Stück Stuttgarter Stadtgeschichte
Die Geheime Staatspolizei in Württemberg und Hohenzollern
Ingrid Bauz, Sigrid Brüggemann, Roland Maier
Das jüdische Zwangsaltenheim in Eschenau und seine Bewohner
Herausgegeben von Martin Ulmer und Martin Ritter
Aus dem KZ Theresienstadt: "Was mich aufrecht erhielt, war die Post ..."
Postkarten aus Theresienstadt von Gertrud Nast-Kolb an ihre Tochter Ilse in Stuttgart (1944-1945)
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Krankenmorde 1940-41 am Beispiel der Region Stuttgart
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Ernst Köhler
im August 1940 in Grafeneck ermordet - weil er krank war
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Walter, Hanna, Sofie, Rose, Erich, Auguste, Albert und Werner Levi
die ganze Familie wurde von den Nazis auf erschreckend gründliche Weise vernichtet weiter
Max und Mathilde Henle
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Lydia Heilborn und ihre Tochter Gertrud
die Tochter in Grafeneck ermordet, die Mutter in Theresienstadt weiter
Hermine Wertheimer
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