Vom Lederfabrikanten zum Hilfsarbeiter: Otto Rothschild
Dieses Familienfoto ist so durchschnittlich wie viele andere Fotos aus dieser Zeit. Es zeigt aber eine Stuttgarter Familie, die ihren Lebenslauf kaum selbst bestimmen konnte. Ein Lebenslauf, der nur wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Bevölkerungsgruppe mit der Vernichtung der Eltern endete.
Otto und Thekla Rothschild traten am 1. Juni 1911 vor dem Standesamt Stuttgart in den Bund der Ehe ein. Zwei Jahre später folgte das erste Kind, Therese (*15.6.1913). Bald darauf erblickte Max (*13.6.1919) das Licht der Welt.
Ursprünglich erlernte Otto das Metzgerhandwerk und später war er Betreiber einer Lederwarenfabrikation. Aufgrund der Nürnberger Gesetze konnte er im Jahre 1939
seinem Beruf nicht mehr nachgehen. Daraufhin arbeitete er auf dem jüdischen Pragfriedhof und als Hilfsarbeiter. Seine Frau Thekla war Hausfrau und Mutter.
Mit dem Zwangsumzug in ein Judenhaus beschlagnahmte die Gestapo ihren gesamten Hausrat. Um dann an Geld zu kommen, gingen sie ins Pfandleihhaus Stuttgart und machten ihre letzten Wertgegenstände (hauptsächlich Schmuck) zu Geld. Nur so konnten sie ihren Kindern 1940 die Flucht nach Amerika ermöglichen.
Thekla wurde im September und Otto im Dezember 1941 ins KZ nach Riga deportiert, im Alter von 54 (Thekla) und 56 (Otto) Jahren. Vier Jahre später wurde Thekla in der Gaskammer in Riga ermordet. Das Sterbedatum, 8.5.1945, legte das Rote Kreuz fest.
Ihre gemeinsame Tochter Therese litt noch Jahre später aufgrund der Nazi-Verfolgungen, dem Tode ihrer Eltern, ihrer eigenen Flucht und ihrem Aufenthalt in einem Konzentrationslager an psychischen Störungen und Verfolgungswahn, sowie an Schizophrenie. Daraufhin wurde sie in eine Nervenklinik eingewiesen, jedoch half dies nichts und sie war seitdem 50% arbeitsunfähig. Nach der Flucht lebten sie und ihr Bruder Max in Brooklyn/New York.
Seit 14. März 2008 erinnern Stolpersteine in der Gaisburgstr. 18 an das Schicksal von Thekla (*03.06.1887/ geb. Wollenberger) und Otto Rothschild (*27.11.1885) .
Recherche und Text: Klasse des Wirtschaftsgymnasium S-West unter Anleitung von Lehrer Markus Geckeler
Spender/Paten der Kleindenkmale: für Thekla Rothschild: Alexander Laub, Stuttgart
für Otto Rothschild: Hans-Dieter Oberer, Stuttgart
Quellen:
Stadtarchiv Stuttgart
Hauptstaatsarchiv Stuttgart
Staatsarchiv Ludwigsburg, Entschädigungsakten
Foto: Staatsarchiv Ludwigsburg
ZEITGENOSSE DEMNIG
Für die SWR-2-Reihe "Zeitgenossen" hat Andreas Langen mit Gunter Demnig, Erfinder der Stolpersteine, gesprochen...
Podcast "gedenkworte" Akademie für gesprochenes Wort - Uta-Kutter- Stiftung und Initiative Stolpersteine Stuttgart-Ost
Das Sprecherensemble der Akademie für gesprochenes Wort spricht die Geschichte der Personen hinter den Stoplersteinen. Ein gemeinsames Projekt der Akademie für gesprochenes Wort und der Initiative Stolpersteine Stuttgart-Ost
STOLPERBLICK - StolperKunst in Corona-Zeiten
Künstler*innen bleiben gerade auch in diesen Zeiten präsent und begegnen einem konkreten Stuttgarter Stolperstein oder einem anderen Ort, der in Stuttgart an die Verfolgungen in der NS-Zeit erinnert
http://www.stolperkunst.de/stolperblick-stolperkunst-in-coronazeiten/
Silke Arning auf SWR2 über das Los der Zwangsarbeiter im Lager auf der Schlotwiese
StolperKunst belebt Erinnerung
...ein Projekt der Stuttgarter Stolperstein-Initiativen gegen Geschichtsvergessenheit!
Warum Stolpersteine?
Für Hannelore Levi und ihre Eltern Berta und Ernst, letztere 1942 in Riga ermordet, wurden im Herbst 2017 Stolpersteine in Stuttgart verlegt. Pip McCosh (*1965, Neuseeland), Tochter von Hannelore Levi (*1928, Stuttgart, gest. 2012, Neuseeland) schrieb am 22. Januar 2018 eine e-mail, die anschaulich zeigt, dass Stolpersteine ihre Schleifen bis ins Hier und Jetzt ziehen...
Übersichtskarte der Stolpersteine
in der Reihe TÜBINGER JUDAISTISCHE STUDIEN erschienen:
Briefe zur JÜDISCHEN EHEVERMITTLUNG 1911-1921
Publikationen aus dem Stuttgarter Norden
Broschüre über „Else Kahn, geb. Jeselsohn. Nachgetragene Würde – nachgetragene Liebe. Eine Lebensgeschichte“
Broschüre „Der Killesberg unterm Hakenkreuz"
Der Stuttgarter "Judenladen": Ein fast vergessenes Stück Stuttgarter Stadtgeschichte
Die Geheime Staatspolizei in Württemberg und Hohenzollern
Ingrid Bauz, Sigrid Brüggemann, Roland Maier
Das jüdische Zwangsaltenheim in Eschenau und seine Bewohner
Herausgegeben von Martin Ulmer und Martin Ritter
Aus dem KZ Theresienstadt: "Was mich aufrecht erhielt, war die Post ..."
Postkarten aus Theresienstadt von Gertrud Nast-Kolb an ihre Tochter Ilse in Stuttgart (1944-1945)
heraus-gegeben von Margot Weiß
Verlegt
Krankenmorde 1940-41 am Beispiel der Region Stuttgart
heraugegeben von Elke Martin
Ernst Köhler
im August 1940 in Grafeneck ermordet - weil er krank war
weiter
Walter, Hanna, Sofie, Rose, Erich, Auguste, Albert und Werner Levi
die ganze Familie wurde von den Nazis auf erschreckend gründliche Weise vernichtet weiter
Max und Mathilde Henle
Letzter frei gewählter Wohnort:
Hohentwielstrasse 146 B, Stuttgart Süd
Lydia Heilborn und ihre Tochter Gertrud
die Tochter in Grafeneck ermordet, die Mutter in Theresienstadt weiter
Hermine Wertheimer
zwangsevakuiert, deportiert und enteignet weiter