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Martha und Wolf Lomnitz, Immenhoferstr. 30A

Wolf Lomnitz und seine Frau Martha Lomnitz, geb. Schwarzschild, wohnten in der Immenhoferstraße 30 a von 1933 bis 1938.
Er war am 9.11.1867 in Bischhausen bei Eschwege (Kreis Kassel) geboren, sie am 19.3.1877 in Stuttgart.  Er machte seine Ausbildung zum Kaufmann in Eschwege, absolvierte eine 3-jährige militärische Dienstzeit und ging danach für zwei Jahre nach Südafrika.  Etwa 1895 kam er nach Stuttgart, wo er bei der Trikotagenfabrik Julius Schmidt als Reisender im Außendienst beschäftigt war.  1915 trat er in die von seinem Schwiegervater gegründete Firma S. Schwarzschild ein (Großhandlung in Leder- und Stoffabfällen) und wurde einer der vier persönlich haftenden Gesellschafter neben den Brüdern seiner Frau, Josef und Moritz Schwarzschild und dem Schwager Isidor Rosenstock.  1939 wurde die Firma arisiert. 

Die beiden Kinder, Sigwart (geb. 11.5.1902) und Else (geb. 1.8.1903), wanderten aus, Sigwart 1936 nach Südafrika, Else mit ihrem Mann – Dr. Fred Sulzberger – 1939 nach Amerika.
Wolf Lomnitz war nach dem 9. November 1938, wie viele Juden, für kurze Zeit verhaftet worden, Dr. Sulzberger schreibt 1955:  “Ich habe Herrn Wolf Lomnitz behandelt, nachdem er am 11. November 1938 verhaftet worden war.  Seit dieser Zeit war er leidend und hat sich nicht mehr wohl gefühlt.”

Die Tochter Else schreibt:  “Ich erinnere mich genau, dass mein Vater sich wegen der Bezahlung der einzelnen Raten der Judenvermögensabgabe großen Kummer machte.  Seine Auswanderungspläne verzögerten sich dadurch, dass er seine Reichsfluchtsteuerangelegenheit noch regeln musste.  Dies wurde meinen Eltern zum Verhängnis. ” Der Sohn hatte bereits für seine Eltern zwei Schiffs-Passagen nach Südafrika für den 6.6.1940 gebucht, sie waren schon auf dem Weg nach Triest, als der Kriegseintritt Italiens bekannt wurde, das Schiff lief nicht mehr aus.  Sie kehrten nach Stuttgart zurück.

1938 waren sie noch in die Wernlinstraße 6 im Westen umgezogen, 1940 hatten sie die meisten Möbel bei einer Speditionsfirma untergestellt, 1941 wurden sie gezwungen, in ein Zimmer in der  Wernlinstraße 1 umzuziehen, ein sogenanntes Judenhaus. Die Hausverwalterin Helene Weidle berichtet nach 1945: “Ich habe hernach nur noch selten mit den Eheleuten Lomnitz sprechen können, da ich als Verwalterin eines Judenhauses scharf von der Gestapo überwacht worden bin.  Eines Tages wurden alle Juden mit Lastkraftwagen abtransportiert.”  Das war wohl am 18.4.1942. Wolf und Martha Lomnitz kamen nach Haigerloch, wo sie in einem jüdischen Haus (Haagstraße 164) auf engstem Raum leben mussten.

Am 22.8.1942, nach vier Monaten, kam die Deportation nach Theresienstadt, vom Sammellager auf dem Killesberg aus. Zwei Überlebende bezeugen 1955, “…dass Frau Martha Lomnitz wegen der Verhältnisse im Lager schwer erkrankte.  Herr Lomnitz soll hernach weiter transportiert worden sein.”  Und:  “…Sie wurde von mir gepflegt.”
Am 22.9.1942, nach einem Monat, starb Martha Lomnitz in Theresienstadt.

Am 29.9.1942, eine Woche später, trat Wolf Lomnitz ohne seine Frau die Fahrt in den Tod an, ins Vernichtungslager Treblinka (nordöstlich von Warschau).  Über den Zeitpunkt seines Todes ist nichts bekannt. 

Recherche & Text:  05/2007, Irma Glaub und Elisabeth Tielsch, Initiative Stolpersteine Stuttgart-Süd.

Quellen: Staatsarchiv Ludwigsburg und Stadtarchiv Stuttgart.