Der Kunsthistoriker Dr. Gottfried Hermann Wurz
Ansprache anlässlich der Verlegung eines Stolpersteins durch Gunter Demnig am Freitag, den 10. November 2006 vor dem Haus Hasenbergsteige 79, in dem der Kunsthistoriker Dr. Gottfried Hermann Wurz mehr als 46 Jahre gewohnt hat:
Dr. Gottfried Hermann Wurz ist am 25. Dezember 1879 geboren. Er muss aus einer vermögenden Familie gestammt haben, denn im Jahre 1908 wurde das Haus Hasenbergsteige gebaut. Es ist im Adressbuch der Stadt Stuttgart mit dem Zusatz "Haus Hohenberg" eingetragen.
Als Besitzer sind verzeichnet Erwin und Hermann Wurz.
Erwin Wurz ist als Dr. phil. Kunsthistoriker bezeichnet, Hermann Wurz als Dr. phil. "Privatgelehrter", später ebenfalls als Kunsthistoriker.
1925 wohnten außer diesen beiden noch im Haus Julie Wurz, Architektenwitwe und Reinhold Wurz, Dr. phil., später "Heilkundiger Homöopath".
Willi Bohn, ein Verfolgter des Nazi-Regimes, schreibt in seinem Buch "Stuttgart Geheim!":
"Dr. Wurz gehörte zu den aktiven Gegnern des Nazi-Systems. Er wurde am 21. Juli 1944 von der Gestapo wegen seiner Tätigkeit für eine - illegale Gruppe der demokratischen Freiheitsbewegung - verhaftet. Am 24. März 1945 wurde er unter der Erkennungsnummer 89024 in das KZ Flosenbürg eingeliefert. Zeugen berichten, dass sein Gesundheitszustand sehr schlecht gewesen sei."
Er war damals immerhin schon 66 Jahre alt und hatte ein dreiviertel Jahr schwere Gestapohaft hinter sich. Nach unseren eigenen Feststellungen gehörte Dr. Wurz zur Stuttgarter Gruppe des National-Komitees Freies Deutschland, wahrscheinlich leitete er sie.(Adolf Klumpp, Anton Hummel und Max Wagner). Der Gestapo war nicht verborgen geblieben, dass die Sektion Stuttgart in der Lindenspürstraße ihr Stammlokal gehabt hatte. Die Gruppe traf sich daraufhin an wechselnden Orten. Auf Straßen, in Kaufhäusern und Banken. Eines ihrer letzten Flugblätter lautet:
An die Einwohner Groß-Stuttgarts!
Hitler hat den Krieg längst verloren. Wo allierte Truppen auftreten, türmen die Nazi-Bonzen und ihr Anhang in hellen Scharen.
Ihre letzte Tat ist sinnlose Zerstörung: Brücken und Werke werden gesprengt, Häuser angezündet. Das ist das Werk hysterischer Bankrotteure, einer Bande von Mördern und Brandstiftern.
Während sie selbst versuchen, sich noch für kurze Zeit ihr Leben zu retten, fordern sie andere auf, durchzuhalten und für sie zu sterben...
Die Organisation "Freies Deutschland" ist die Organisation aller aufbauwilligen Kräfte. Sie ist zusammengesetzt aus allen Schichten des Volkes: Christen und Sozialisten, Demokraten und Kommunisten, Gewerbetreibenden und Wissenschaftlern.
Ihr Ziel ist: Ausrottung des nationalsozialistischen Wahnsinns. Wir treten ein für volle Geistes- und Religionsfreiheit, für driedliche Zusammenarbeit mit allen Nationen der Erde.
Es lebe der Frieden! Es lebe ein freies, glückliches Deutschland!
Nationalkomitee Freies Deutschland
Sektion Stuttgart
Am 21. April 1945 wurde Dr. Wurz auf einem Transport, einem sogenannten Todesmarsch, erschossen.
Siegfried Bassler
ZEITGENOSSE DEMNIG
Für die SWR-2-Reihe "Zeitgenossen" hat Andreas Langen mit Gunter Demnig, Erfinder der Stolpersteine, gesprochen...
Podcast "gedenkworte" Akademie für gesprochenes Wort - Uta-Kutter- Stiftung und Initiative Stolpersteine Stuttgart-Ost
Das Sprecherensemble der Akademie für gesprochenes Wort spricht die Geschichte der Personen hinter den Stoplersteinen. Ein gemeinsames Projekt der Akademie für gesprochenes Wort und der Initiative Stolpersteine Stuttgart-Ost
STOLPERBLICK - StolperKunst in Corona-Zeiten
Künstler*innen bleiben gerade auch in diesen Zeiten präsent und begegnen einem konkreten Stuttgarter Stolperstein oder einem anderen Ort, der in Stuttgart an die Verfolgungen in der NS-Zeit erinnert
http://www.stolperkunst.de/stolperblick-stolperkunst-in-coronazeiten/
Silke Arning auf SWR2 über das Los der Zwangsarbeiter im Lager auf der Schlotwiese
StolperKunst belebt Erinnerung
...ein Projekt der Stuttgarter Stolperstein-Initiativen gegen Geschichtsvergessenheit!
Warum Stolpersteine?
Für Hannelore Levi und ihre Eltern Berta und Ernst, letztere 1942 in Riga ermordet, wurden im Herbst 2017 Stolpersteine in Stuttgart verlegt. Pip McCosh (*1965, Neuseeland), Tochter von Hannelore Levi (*1928, Stuttgart, gest. 2012, Neuseeland) schrieb am 22. Januar 2018 eine e-mail, die anschaulich zeigt, dass Stolpersteine ihre Schleifen bis ins Hier und Jetzt ziehen...
Übersichtskarte der Stolpersteine
in der Reihe TÜBINGER JUDAISTISCHE STUDIEN erschienen:
Briefe zur JÜDISCHEN EHEVERMITTLUNG 1911-1921
Publikationen aus dem Stuttgarter Norden
Broschüre über „Else Kahn, geb. Jeselsohn. Nachgetragene Würde – nachgetragene Liebe. Eine Lebensgeschichte“
Broschüre „Der Killesberg unterm Hakenkreuz"
Der Stuttgarter "Judenladen": Ein fast vergessenes Stück Stuttgarter Stadtgeschichte
Die Geheime Staatspolizei in Württemberg und Hohenzollern
Ingrid Bauz, Sigrid Brüggemann, Roland Maier
Das jüdische Zwangsaltenheim in Eschenau und seine Bewohner
Herausgegeben von Martin Ulmer und Martin Ritter
Aus dem KZ Theresienstadt: "Was mich aufrecht erhielt, war die Post ..."
Postkarten aus Theresienstadt von Gertrud Nast-Kolb an ihre Tochter Ilse in Stuttgart (1944-1945)
heraus-gegeben von Margot Weiß
Verlegt
Krankenmorde 1940-41 am Beispiel der Region Stuttgart
heraugegeben von Elke Martin
Ernst Köhler
im August 1940 in Grafeneck ermordet - weil er krank war
weiter
Walter, Hanna, Sofie, Rose, Erich, Auguste, Albert und Werner Levi
die ganze Familie wurde von den Nazis auf erschreckend gründliche Weise vernichtet weiter
Max und Mathilde Henle
Letzter frei gewählter Wohnort:
Hohentwielstrasse 146 B, Stuttgart Süd
Lydia Heilborn und ihre Tochter Gertrud
die Tochter in Grafeneck ermordet, die Mutter in Theresienstadt weiter
Hermine Wertheimer
zwangsevakuiert, deportiert und enteignet weiter