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Gertrud Däuble, Oberdorfstr. 12

Stolperstein-Verlegung am 9. Juli 2020 in Möhringen: Aus der Psychiatrie in die Gaskammer der Nazis

Stuttgart – Am 9. Juli ist im Stuttgarter Stadtteil Möhringen ein Stolperstein verlegt worden, der an Gertrud Däuble erinnert, die vom NS-Regime aufgrund ihrer psychischen Erkrankung im Rahmen der sogenannten „Aktion T4“ in der Tötungsanstalt Grafeneck ermordet wurde. Die Abkürzung ist die nach Ende des Zweiten Weltkrieges verwendete Bezeichnung für die Ermordung von mehr als 70 000 Menschen mit körperlichen, geistigen und seelischen Behinderungen oder Erkrankungen. Die beiden Töchter von einflussreichen Lehrern wurden im Jahr 1940 in dem ehemaligen Jagdschloss 25 Kilometer südöstlich von Reutlingen in der Gaskammer ermordet.

Gertrud Däuble, geboren 1903 als Gertrud Frick, wohnte als sechstes von elf Kindern des evangelischen Pfarrers Eugen Frick mit ihren Eltern und Geschwistern zeitweise im Möhringer Pfarrhaus in der Oberdorfstraße 12. Nachdem sie von 1924 bis 1925 die Hebammenschule in Stuttgart besucht und die Abschlussprüfung mit „sehr gut“ bestanden hatte, arbeitete sie ab Juli 1925 als Ortshebamme in Sulz am Neckar. Im Frühjahr 1926 machten sich Symptome ihrer Erkrankung bemerkbar: Sie schlief schlecht, weinte viel, hatte Angst und glaubte offenbar „alle Teufel seien hinter ihr her“.

„Schizophrenie“ als Diagnose

Nachdem sie im Dezember 1926 offenbar einen Zustand erlitten hatte, der als „Toben“ beschrieben wurde, wurde Gertrud Däuble in das Psychiatrische Krankenhaus in Göppingen eingewiesen. Weitere Stationen während ihrer schubweise verlaufenden psychischen Erkrankung waren das Bürgerhospital Stuttgart und die Heilanstalt Winnental. Die Ärzte diagnostizierten eine „Schizophrenie“. Zwischen ihren Krankenhausaufenthalten wohnte Gertrud Däuble in Möhringen. Später wurde sie in der Landkommune Vogelhof/Erbstetten untergebracht, wo sie ihren späteren Mann kennenlernte. Mitte der 1930er Jahre musste Gertrud Däuble erneut in die Heilanstalt Winnental. Von dort aus wurde sie am 30. Mai 1940 nach Grafeneck deportiert und dort ermordet.

Gekürzter Text der Ansprache bei der Stolperstein-Verlegung am 9. Juli 2020 von Karl-Horst Marquart, Initiative Stolperstein Stuttgart-Vaihingen