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Friedrich Klotz, Gablenberger Hauptstr. 129

Friedrich Klotz wurde am 17. Februar 1878 in Ernsbach (Kreis Öhringen) geboren. Seine Mutter war Karoline Klotz, geb. Wagner. Sein Vater Karl Klotz war Landwirt.
Friedrich arbeitete als Kraftwagenfahrer und gründete mit Frida Nanz eine Familie. Im Weltkrieg erlitt er ein Trauma, das zu einer psychischen Erkrankung führte. In seinem Fall war dieser Zusammenhang so unabweisbar, dass er eine Kriegsbeschädigtenrente erhielt. Vom 01. März 1920 bis 26. April 1921 wurde er in Ravensburg in der Heilanstalt Weißenau behandelt. Doch nur zwei Monate nach seiner Entlassung musste er erneut in die Weißenau. Am 23. November 1923 erfolgte seine Verlegung in die Heilanstalt Winnental, das heutige Zentrum für Psychiatrie Winnenden.
Von dort wurde er am 03. Juni 1940 in die Tötungsanstalt Grafeneck gefahren und am gleichen Tag ermordet. Um das Verbrechen zu vertuschen, schickte das Standesamt der Witwe eine gefälschte Sterbeurkunde mit dem Sterbeort Pirna/Sachsen, einem Todesdatum im Juli 1940 und der Todesursache Lungenembolie.

Da die NS-Psychiatrie den Zusammenhang von Kriegstrauma und Geisteskrankheit bestritt, wurde Friedrichs rechtskäftig festgestellter Rentenbescheid rückwirkend in Zweifel gezogen und Frida die ihr zustehende Witwenrente verweigert.
1947 beantragte Frida bei der Landesversicherungsanstalt die Neufeststellung ihrer Witwenrente, erhielt aber keine Antwort.
Als 1949 in Baden-Württemberg das “Gesetz zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts” in Kraft trat, beantragte Frida eine Entschädigung. Das Amt für Wiedergutmachung lehnte ab, weil nach dem Wortlaut des Gesetzes nur “aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung Verfolgte” entschädigungsfähig seien, was auf Friedrich Klotz nicht zutreffe. “Bezüglich der Versorgung der Hinterbliebenen der in Durchführung des sogenannten Euthanasie-Programmes ums Leben gekommenen Personen” wird eine besondere gesetzliche Regelung auf nationaler Ebene angestrebt.”
Im Berufungsverfahren bestätigte das Stuttgarter Justizministerium diese Rechtsauffassung.

Die in Aussicht gestellte “besondere Entschädigungsregelung auf nationaler Ebene” wurde verzögert, indem die Politik die Entschädigung der “Euthanasie”-Hinterbliebenen mit der Debatte um die Entschädigung von Zwangssterilisierten verknüpfte.
Die Zwangssterilisation beruhte auf dem “Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses” von 1933, das in der BRD weitergalt (anders als in der DDR). Noch 1961 erklärte der Wiedergutmachungsausschuss des Bundestages, dieses Gesetz habe nicht im Widerspruch zu rechtsstaatlichen Grundsätzen gestanden. Der nichtöffentlich tagende Ausschuss hatte sieben Experten angehört, von denen drei in der NS-Zeit als Eugeniker oder Rassehygieniker tätig gewesen waren. Erst 2007 konnte sich der Bundestag zur Ächtung des Gesetzes durchringen. Das bedeutete aber noch lange keine angemessene Entschädigung der Opfer.
Im Gegensatz zur Zwangssterilisation gab es für die Ermordung von Kranken selbst im Dritten Reich keine gesetzliche Grundlage, die in der BRD hätte weitergelten können. Bereits nach der Rechtslage von 1940 war die “Euthanasie”-Aktion Mord. Sie hätte nach 1945 in der BRD genauso als ungesetzlich behandelt werden können wie z.B. die millionenfachen Morde aus rassischen Gründen. Gesetzgeber und Justiz der BRD waren dazu aber mehrheitlich nicht bereit.

Der Stolperstein für Friedrich Klotz wurde am 29.04.2010 verlegt.
Die Inschrift lautet:
    HIER WOHNTE
    FRIEDRICH KLOTZ
    JG. 1878
    EINGEWIESEN 1922
    ‘HEILANSTALT’ WINNENTAL
    ERMORDET 3.6.1940
    GRAFENECK
    AKTION T4

Recherche und Text: Stolperstein-Initiative Stuttgart-Ost