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Rosa und Abraham Rimpel, Sophienstr. 5

Rosa Rimpel
Tochter Rosa
Abraham Rimpel
und Vater Abraham

Auf Anfrage kam von der KZ-Gedenkstelle Buchenwald folgende Antwort: Aus unvollständigem Sammlungsmaterial geht hervor, dass Abraham Rimpel unter der Häftlingsnummer 8239 als “Politischer Jude” im KZ Buchenwald registriert war. Am 10. Oktober 1939 wurde er in das KZ Buchenwald eingeliefert.

Laut der Unterlagen in Dachau kam Abraham Rimpel von Buchenwald am 24.10.1940 nach Dachau. Dort wurde er am 18.12.1940 ermordet.

Abraham Rimpel wurde am 21. Mai 1882 in Teschen, Schlesien, geboren. Dadurch war er österreichisch-ungarischer Staatsangehöriger. Wie viele Ostjuden zog Abraham Rimpel mit seinen Eltern nach Köln.

Abraham heiratete 1906 in Köln Ester Ziel, genannt Cäcilie, geb. Löwy. Sie bekamen vier Kinder, Ottilie, Helene, Artur und Rosa. Drei ihrer Kinder konnten rechtzeitig auswandern und überlebten so das ‘Dritte Reich’.

Schon 1911 übersiedelten sie nach Stuttgart, wo sie bis zu Beginn des Ersten Weltkrieges ein gutgehendes Möbelgeschäft besaßen. Mit 34 Jahren wurde Abraham zum Kriegsdienst eingezogen. Nach seiner Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg fand er sein Geschäft heruntergewirtschaftet und musste es liquidieren. Er eröffnete eine Schuhwarenhandlung und Besohlungsanstalt am “Alten Postplatz”. Das Geschäft hatte einen ausgezeichneten Ruf. Mit der Zeit konnten sie in Esslingen eine Filiale errichten, die von der Tochter Rosa geleitet wurde.

Seit 1915 wohnte Abraham Rimpel und seine Familie in der Sophienstr. 7. Ottilie (später verheiratete Meyer) berichtete bei einem Besuch, der auf Einladung der Stadt Stuttgart 1987 zustande kam, ihrem sie begleitenden Sohn Mark A. Meyer, wie sie 1918 aus dem Fenster ihrer Wohnung einen Hungeraufstand beobachtete. Menschen überfielen Lastwagen, die Brot geladen hatten. Sobald die Menschen auf den Lastwagen waren, war auch schon die Polizei mit Gewehren da. Ottilie berichtete, dass es ihr fast wie eine Falle vorgekommen war. Auch ihr Bruder Arthur war auf der Straße, und die ganze Familie war in Panik. Wie durch ein Wunder blieb er unverletzt. 1920 konnte die Familie in eine größere Wohnung in die Sophienstr. 5 einziehen.

Aufgrund des Friedensvertrags nach dem Ersten Weltkrieg fiel Schlesien an Polen. Abraham wurde so zu einem Polen, obwohl er nie ein Wort polnisch gesprochen bzw. noch nie polnischen Boden betreten hatte. Dasselbe galt für seine Familie.

1928 musste die Familie Rimpel ihre eigenen Geschäfte schließen. Abraham Rimpel arbeitete als Kaufmann und Vertreter. Seine Frau Cäcilie starb am 8.10.1933 in Stuttgart. Dadurch war sie nicht bis zur Vernichtung dem Terror der Nazis ausgeliefert. Ein Sohn und eine Tochter der Familie Rimpel waren bereits ausgewandert, als 1938 die Deportation der „polnischen“ Juden begann. Die Tochter Rosa war bereits in der Tschechoslowakei, deswegen war unmittelbar nur eine Tochter Abrahams, Ottilie, davon betroffen. So blieb Abraham alleine in Stuttgart zurück. Er versuchte Anschluss zu finden an seine Familie in Köln, wurde aber als „Politischer Jude“ in Köln verhaftet. Worin seine politische Tätigkeit bestand, ist uns nicht überliefert. In Buchenwald wird er als „Politischer“ Häftling registriert.

Seine Tochter Rosa, geb. 18. Juli 1910, war Filialleiterin im Schuhgeschäft ihres Vaters in Esslingen. Nach Schließung der väterlichen Geschäfte arbeitete sie als angestellte Verkäuferin, bis zum Verbot 1933. Danach führte sie ihrem Vater den Haushalt. Nach einem Kuraufenthalt in der  Tschechoslowakei 1937 durfte sie als „Polin“ nicht mehr in ihre Heimat zurück. Sie wurde von dort nach Polen abgeschoben. Ungefähr ein Jahr lebte sie in Westpolen in Zbaszyñ, wo sie ihre Schwester Ottilie, nachdem sie deportiert worden war, traf.

Zusammen zogen die Schwestern ins Ghetto nach Krakau. Ottilie hatte bereits ein Visum für Amerika und durfte deswegen zurück nach Stuttgart und von dort in die USA auswandern. Rosa blieb zwangsweise in Krakau, dort lernte sie einen Mann kennen, den sie wahrscheinlich noch heiratete, wie ihre Schwester annahm und hoffte. Sie arbeitete für die deutsche Steuerbehörden als Übersetzerin, sie übertrug das Jiddische ins Deutsche. Von Krakau aus schrieb sie ihrer Schwester bis 1941 Briefe. Nachdem die Juden Krakau 1942 verlassen mussten, kamen noch Briefe aus Tschechow, dann gab es von ihr keine Lebenszeichen mehr.

Das „Holocaust Memorial Museum“ in Washington benennt als Todesjahr 1942.Stolpersteine Rosa und Abraham Rimpel

Recherche und Text: Jennifer Lauxmann, Stolperstein-Initiative Stuttgart-Mitte

Spender/Paten:
für Abraham Rimpel: Frau Johanna Schlink, Köln
für Rosa Rimpel: Cordula Neidlinger, Ostfildern 4 

Quellen:
Mark A. Meyer und die Erzählungen seiner Mutter Ottilie auf Video, jetzt im Besitz des Leo Baeck-Instituts in New York
Staatsarchiv Ludwigsburg, Stadtarchiv Stuttgart
KZ-Gedenkstätte Buchenwald und Dachau

Hinweis für ortsunkundige Interessenten: Das Haus Sophienstr. 7 stand im Bereich der heute verbreiterten Auto-Straße.
Die Gedenksteine sind zu finden:
Häuptstätterstraße/Sopienstraße (Nähe Ausgang U-Bahn) auf der südliche Seite Richtung Hauptstätterstraße