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Update zu den Stolperstein-Verlegungen im Oktober 2022

Nachdem am 28. September 2022 in der König-Karl-Str. 44 in Bad Cannstatt zwei Stolpersteine für den Kinderarzt Dr. Simon Schmal und seine Frau Grete verlegt wurden (an der bewegenden Zeremonie nahm neben ehemaligen Patienten auch Sohn Stephen teil, der extra mit seiner Frau Debra aus San Diego angereist war – vgl. Online-Artikel der Stuttgarter Nachrichten), folgen am 19. und 26. Oktober 2022 neun weitere Steine zur Erinnerung an Opfer der Naziherrschaft in Cannstatt, S-Ost, S-Nord, S-Süd und Weilimdorf. Diese Steine werden ebenfalls mit Unterstützung des Tiefbauamts und der ausführenden Firma Bollmann in Eigenregie verlegt, da Gunter Demnig erst wieder im März 2023 (voraussichtlich am 17. März 2023) zur 40. Stuttgarter Verlegung seit 2003 in die Landeshauptstadt kommen kann. Danach werden dann vor allem dank der beharrlichen ehrenamtlichen Arbeit aller Stadtteil-Initiativen mehr als eintausend Stolpersteine in Stuttgart liegen! 

Bei der 39. Verlegungsaktion in diesem Herbst bohrt der Bautrupp die Löcher, setzt die Steine und sorgt für die ordnungsgemäße Fixierung im Gehweg, was je nach Bodenbeschaffenheit unterschiedlich lang dauern kann. Die im untenstehenden Routenplan angegebenen Uhrzeiten können daher nur eine grobe Orientierung für den voraussichtlichen Zeitpunkt der Verlegung sein, Verschiebungen lassen sich trotz sorgfältiger Planung nicht ausschließen, Änderungen sind also möglich!

Stolpersteine für Stuttgart am Mittwoch, den 19. Oktober 2022:

8:45 Bad Cannstatt

Veielbrunnenweg 62

1 Stein für CHRISTIAN WEBER

   

9:30 S-Ost

Gablenberger Hauptstr. 161

Ersatzstein für DINA ROHRBACHER

 

  

10:00 S-Ost

Hackstr. 16

1 Stein für IDA HELZLE

   

10:40 S-Nord

Seestr. 95

1 Stein für KLARA FREUND

   

11:20 S-Nord

Am Kräherwald 77

2 Steine für KLOTHILDE SCHLESINGER und ANNA GUMBEL

   

12:20 S-Mitte

Wilhelmstr. 14

Ersatzsteine für ISIDOR und LORE LÖWENSTEIN

   

12:50 S-Süd

Altenbergstr. 42

1 Stein für EUGEN GRIMMINGER

1 Ersatzstein für JENNY GRIMMINGER

 

 

 

13:30 S-Süd

Hahnstr. 43

2 Steine für HERMANN und RUDOLF WELSCH

   

14:45 Weilimdorf

Durlehaustr. 21

1 Stein für ELISABETH LÖFFLER

Das Schicksal von Christian Weber, der ab 1934 in der „Heilanstalt“ Christophsbad Göppingen war und am 12. Dezember 1940 in Grafeneck ermordet wurde, hat Dr. Karl-Peter Krauss von der Neuapostolischen Kirche recherchiert, die auch die Verlegung zusammen mit der Feuerbacher Stolpersteininitiative und Pro Alt-Cannstatt e.V. organisiert.

Ida Helzle lebte in der Hackstr. 16 in einer Eigentumswohnung und führte eine Reisebuchhandlung, bis 1939 das NS-Regime sie in ein „Judenhaus“ in der Augustenstr. 39 A zwangseinquartierte. Am 11. Januar 1944 wurde die 68-Jährige von der Gestapo aus der Sammelstelle in Kaltental abgeholt und nach Theresienstadt deportiert, wo sie am 15. April 1945 an Unterernährung starb.

Klara Freund (Jg. 1906) war 1940 zu ihrer Mutter in die Seestr. 95 gezogen, wurde aber schon bald mit Mutter und Schwester in die Hauptmannsreute 17 umquartiert. Ende November 1941 musste sich Klara mit Familie im Sammellager auf dem Killesberg einfinden. In der Nacht zum 1. Dezember 1941 marschierten sie in bitterer Kälte mit weiteren 1013 Personen zum Inneren Nordbahnhof, von wo aus der Deportationszug in das Ghetto Riga fuhr. Am 26. März 1942 wurde Klara Freund, wie auch ihre Mutter Elsa und Schwester Rosa (für beide gibt es schon Stolpersteine in der Seestr. 95),  bei einer Massenerschießung im Wald von Bikernieki ermordet.

Klothilde Schlesinger, geb. Gumbel (Jg. 1864) wurde 1942 – also vor 80 Jahren – mit der letzten großen Deportation aus Stuttgart nach Theresienstadt verschleppt und dort am 4. September 1942 ermordet, Anna Gumbel (Jg. 1890) war bereits 1941 nach Riga deportiert worden, von wo sie nicht mehr zurückkam.

In der Hahnstr. 43 erinnern die Stolperstein-Initiativen Ost und Süd mit zwei Stolpersteinen für die Brüder Rudolf und Hermann Welsch an den politisch motivierten Widerstand aus der Arbeiterbewegung im damals „Roten Heslach“. Beide wurden wegen ihrer Mitgliedschaft in der KPD verfolgt. Hermann, der auch Funktionär der Naturfreunde war, gelang 1936 die Flucht vor der Gestapo nach Chile, nachdem er zuvor in den Konzentrationslagern Heuberg und Kuhberg in „Schutzhaft“ genommen worden war und danach beruflich nicht mehr Fuß fassen konnte. Rudolf konnte nach illegaler Untergrundtätigkeit 1934 nach Prag und 1937 nach Paris fliehen, wo er mehrmals interniert wurde und sich eine offene Lungen-TBC holte, die ihn lebenslang schädigte, aber nach 1945 von Staats wegen nie als haft- bzw. verfolgungsbedingt anerkannt wurde. Im Lazarettlager gelang ihm der Anschluss an die Résistance, die ihn in die Schweiz brachte. 1945 gründete er mit Friedrich Schlotterbeck die Süddeutsche Ärzte- und Sanitätshilfe für die Rückkehrer aus den Konzentrationslagern und deren Familien. Die Verlegung erfolgt im Beisein von Angehörigen und wird vom Ensemble „Hörmal Vokal“ musikalisch begleitet.

Das Schicksal von Elisabeth Löffler, die 1944 in die „Heilanstalt“ Wiesloch kam, am 8. Juni 1944 nach Hadamar „verlegt“ und dort am 30. Juni 1944 ermordet wurde, zeigt, dass die Massentötung kranker und behinderter Menschen auch nach dem offiziellen Abbruch der „Aktion T4“ ab Januar 1941 bis Kriegsende weiter ging.

Stolpersteine für Stuttgart am Mittwoch, den 26. Oktober 2022 (Zeremonie):

16:00 S-Süd

Altenbergstr. 42

Feierstunde für EUGEN und JENNY GRIMMINGER

Eugen Grimminger wurde am 2. März 1943 wegen finanzieller Unterstützung der „Weißen Rose“ verhaftet, entging nur knapp der Todesstrafe und überlebte im Zuchthaus Ludwigsburg. Seine Frau Jenny, die bis dahin trotz ihrer jüdischen Herkunft als Frau eines „Ariers“ im brüchigen Schutz einer „Mischehe“ gelebt hatte, wurde bereits am 10. April 1943 – ihr Mann saß noch in Untersuchungshaft und war noch nicht verurteilt – über das Konzentrationslager Ravensbrück nach Auschwitz verschleppt. Sie starb dort wie Millionen jüdischer Männer, Frauen und Kinder durch Ersticken in einer Gaskammer. Den Stein für Eugen Grimminger, der Zeit seines Lebens dem Genossenschaftswesen verbunden war und sich auch im Tierschutz engagierte, hat Holger Martens von der Historiker-Genossenschaft in Hamburg angeregt. Die Feierstunde für das Ehepaar Grimminger wird von der NaturFreunde-Kulturgruppe „Die Marbacher“ mit Liedern gegen das Vergessen musikalisch umrahmt.

Die Stuttgarter Stolperstein-Initiativen – im Internet unter: www.stolpersteine-stuttgart.de
StolperKunst – eine Projekt der Stuttgarter Stolperstein-Initiativen: www.stolperkunst.de
Gedenken braucht Orte – ein historisch-politischer Lernort für die Zukunft: www.hotel-silber.de
Die Website von Gunter Demnig – dem Erfinder der Stolpersteine: www.stolpersteine.eu