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Zur Erinnerung an ehemalige jüdische Mitglieder in der Sektion Schwaben des Deutschen Alpenvereins

Nachdem in Politik und Teilen der Gesellschaft, auch in Sportvereinen und einigen Sektionen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, rassistische, antijüdische Einstellungen und Parolen aufkamen, schrieb der damalige Vorsitzende der Sektion Schwaben des DuÖAV, Paul Dinkelacker 1925 in seinem Jahresbericht: „In der Sektion Schwaben haben bis jetzt politische und Rassefragen keine Rolle gespielt und es ist dringend zu wünschen, dass es so bleiben möge.“ Dieser Wunsch ging zunächst in Erfüllung, denn bis in das Jahr 1933 hinein sind in veröffentlichten Listen von Neuaufnahmen und von Ehrungen für langjährige Zuge-hörigkeit zur Sektion auch viele Namen jüdischer Mitglieder zu finden.

Mit der nationalsozialistischen Machtübernahme und der Entwicklung von deren Herrschaft Ende Januar 1933 haben sich die Verhältnisse rasch geändert und die Sektion Schwaben hat sich der rassistischen Ideologie und der Machtentfaltung der NS-Herrschaft angepasst. Eine versteckte, damals zunehmend auch offene heroische Einstellung und Deutung des Alpinismus hat diese Entwicklung unterstützt. Dabei waren zu dieser Zeit viele der führenden und verantwortlichen Funktionsträger und Mitglieder in der Sektion Anhänger des NS-Herrschaft und einige werden heute, außerhalb ihrer Tätigkeit in der Sektion, als „Täter“ bezeichnet.

Die Akten der Sektion Schwaben, einschließlich der Mitgliederlisten aus dieser Zeit, sind gegen Ende des Krieges in Stuttgart verbrannt und es bestehen deshalb keine vollständigen und gesicherten Kenntnisse über die ehemaligen jüdischen Mitglieder, die ab 1933 die Sektion verlassen haben, zum Austritt gezwungen wurden oder gegen ihren Willen ausgeschlossen wurden. Im November 1935 heißt es im Nachrichtenblatt der Sektion Schwaben: „Vom 1. Januar 1936 an wird die Sektion nur noch arische Mitglieder haben“, ohne ein Wort darüber, dass auch die „nicht-arischen“, ausgeschlossenen Mitglieder gute und begeisterte Freunde der Bergwelt, der Alpen und des Bergsteigens waren.

Aus verschiedenen Informationen ist zu schließen, dass von den über 4000 Mitgliedern der Sektion in Stuttgart und aus Schwaben, vor diesen Ereignissen, zumindest einhundert Menschen jüdischer Herkunft und jüdischen Glaubens waren. Eine vollständige namentliche Identifizierung dieser ehemaligen Mitglieder der DuÖAV-Sektion Schwaben ist nicht mehr möglich, aber viele Namen und Schicksale mit Emigration und sehr oft mit grauenhafter Deportation und Ermordung in den Konzentrationslagern sind uns heute bekannt. Für einige unserer früheren Mitglieder und Opfer der Gewaltherrschaft sind in Stuttgart Stolpersteine verlegt, weitere Namen stehen auch auf der Namensmauer der Gedenkstätte „Zeichen der Erinnerung“ in der Umfrid-Straße beim Nordbahnhof.

Im Jahr 2008 haben Vorstand und Mitgliederversammlung der Sektion Schwaben des Deutschen Alpenvereins ihr tiefes Bedauern über den Ausschluss ihrer jüdischen Mitglieder während der NS-Herrschaft 1933 bis 1945 und für die Zukunft ein aktives Bekenntnis zu Toleranz und gegen jegliche Form von Hass zum Ausdruck gebracht und beschlossen.

Text: Wilhelm Schloz

Hier geht’s zum Link, der auf die entsprechende Unterseite der Homepage der Sektion Schwaben des Deutschen Alpenvereins e.V. führt: https://www.alpenverein-schwaben.de/verein-mitgliedschaft/sektion-schwaben/historie/erinnerungsorte-in-stuttgart-fuer-ehemalige-mitglieder/

Die Stuttgarter Stolperstein-Initiativen bedanken sich ausdrücklich bei Herrn Schloz für seine erinnerungspolitische Arbeit, den uns zur Verfügung gestellten Text und die Zusammenstellung auf der Website des Alpenvereins.