Stuttgarter Zeitung vom 15.03.2005:
Gegen das Vergessen – Erinnern an die Opfer der Nazis – Initiative “Stolpersteine” stellt ihre Arbeit vor
An 71 Orten in der Stadt stolpert man bereits über das Erinnern. Auf zehn mal zehn Zentimetern entreißt Gunter Demnig die Ermordeten dem Vergessen, so viel misst die Messingplatte, auf der der Kölner Künstler mit Hammer und Schlagbuchstaben die Worte “Hier wohnte”, Namen und Schicksal der Opfer einstanzt, und die er auf einem aus Beton gegossenen Stein befestigt.
Bürger aus dem Osten, die sich zur Initiative Stolperstein zusammengefunden haben, mühen sich seit langem, das Gedächtnis wachzurütteln, der ermordeten Nachbarn an ihren ehemaligen Wohnorten zu gedenken. Etwa an den Buchbinder Adolf Gerst, der hingerichtet wurde, weil er über Hitler lästerte. Oder das Ehepaar Holzinger, das die Nazis in den Freitod trieben. Vornehmlich im Osten hat Demnig die ersten 71 Stolpersteine verlegt. Bald sollen andere Stadtteile folgen.
Im Westen und Norden, in Mitte, Feuerbach und den Neckarvororten haben Bürger ebenfalls Initiativen gegründet. Am weitesten ist man im Süden. Mittlerweile sind die Daten von weit über 100 Personen zusammengetragen, die im Süden gelebt haben, bevor sie deportiert und ermordet wurden. Auch Paten haben sich gefunden, die die Finanzierung übernehmen. 95 Euro kosten Material, Gravieren, Gießen und Verlegen. 31 Steine werden Mitte März so weit fertig sein, dass Demnig sie am 16., 17. und 18. März verlegen kann.
Im Theaterhaus zeigt Gunter Demnig auf Einladung von Peter Grohmann Bilder seiner Arbeit und berichtet von Motiven, Konflikten und Widerständen. Er erhielt 2005 den German Jewish History Award. Peter Grohmann und Berit Fromme lesen Texte über vertriebene und ermordete Menschen aus Stuttgart, es spielt das Duo “Pipes & Phones” mit Peter Schindler (Piano) und Peter Lehel (Saxofon). Harald Stingele und Werner Schmidt von den Initiativen “Stolperstein? eröffnen und beschließen den Abend.