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Stolperstein in Vaihingen: Ermordet wegen seiner Zivilcourage

Artikel aus der Stuttgarter Zeitung 
Frank Rothfuß – 15.09.2024 – 17:00 Uhr 


Eugen Banz. Foto: cf

Er kuschte nicht. Der Schneidermeister Eugen Banz legte sich mit den lokalen Nazi-Statthaltern in Vaihingen an. Das kostete ihn das Leben. 

Über die Täter reden wir wenig. Sie sind „die Nazis“. Eine diffuse Gruppe von Menschen, in braunen oder schwarzen Uniformen, oder in Zivil, ohne Gesicht, ohne Namen. Deshalb heißt es so oft bei den Geschichten über die Opfer, „ermordet in …“. Wer sie denunziert hat, wer sie aus ihrer Wohnung vertrieben hat, wer sie in Waggons gepfercht hat, wer das Gas hat strömen lassen, wer die Pistole abgedrückt hat, das weiß man oft nicht. Doch im Fall des Schneidermeisters Eugen Banz aus Vaihingen weiß man das. Da weiß man, wer ihn ins KZ gebracht hat.


Der Künstler Gunter Demnig verlegt den Stolperstein für Eugen Banz in der Schockenriedstraße. Foto: Steffen Honzera

NSDAP-Ortsgruppenleiter Hans Junginger und Kreisleiter Wilhelm Fischer haben Banz auf dem Gewissen, wobei man vermuten darf, dass sein Tod nicht sehr darauf lastete. Karl-Horst Marquart von der Vaihinger Stolperstein-Initiative ist über die Recherche zum Leben von Gottlob Häberle auf Banz aufmerksam geworden und die beiden „Stuttgarter NS-Täter“, so der Titel eines Buches. Häberle war verwundet aus dem Ersten Weltkrieg heimgekehrt, Vorstand des Mietervereins und ein schwäbischer Dickkopf im besten Sinne. Er gab nicht klein bei. Junginger schlug und schikanierte in. 1941 kam er wegen „volksgemeinschaftswidrigen Verhaltens” ins KZ Sachsenhausen. Dort wurde er 1945 kurz vor der Befreiung ermordet.

Eugen Banz stand Häberle zur Seite und setzte sich für ihn ein. Er ließ sich nicht einschüchtern, auch nicht von einem brutalen Kerl wie Junginger. Wer den rechten Arm nicht hob zum Hitler-Gruß, wurde von ihm verdroschen. Und er schikanierte Kritiker des Regimes mit allen Mitteln. Klara Banz hatte bei der Reichszeugmeisterei in München den Antrag gestellt, Arbeitsfront-Anzüge nähen zu dürfen. Die Erlaubnis bekam sie und den dafür nötigen Ausweis. Junginger war dies egal, er verbot dem Ehepaar Banz das Schneidern dieser Anzüge. Als sich Eugen Banz beschwerte, kam er eine Woche lang in „Schutzhaft“ und musste dafür noch 3,25 Reichsmark bezahlen.

Doch Banz ließ sich nicht einschüchtern, zwei Jahre später schrieb er an Fischer und warf ihm vor „Wasser zu predigen und Wein zu trinken“. Am 14. Juli 1936 wurde Banz festgenommen und ins KZ Welzheim gebracht. Als er kurz vor Weihnachten wieder frei kam, erkannte ihn seine Frau kaum wieder. Misshandelt, abgemagert, an einem Nierenleiden erkrankt, von dem er sich nicht mehr erholte. Am 1. Februar 1942 starb er.

Und die Täter? Nach dem Krieg wurde gegen Junginger und Fischer ein Spruchkammerverfahren angestrengt. Ein Zeuge sagte, dass Junginger Andersdenkende in „bösester Weise terrorisiert“ habe und er „der böse Geist von Vaihingen“ gewesen sei. Über Fischer sagte ein Kläger: „Er war ein brutaler und fanatischer Nazi.“ Das Duo wurde in die Gruppe der Hauptschuldigen eingereiht. Obwohl Junginger bereits 1942 gestorben war, wurde als Sühne 25 Prozent seines Nachlasses eingezogen. Fischer wurde 1948 zu fünf Jahren Arbeitslager aufgebrummt. Seine bereits verbüßte Haft wurde angerechnet. Sein Vermögen zog man bis auf einen „Betrag zum Lebensunterhalt“ ein. Am 12. Juli 1949 beendete Ministerpräsident Reinhold Maier von Württemberg-Baden, die Sühne durch „Gnadenverweis“. was aus Fischer wurde, lässt sich nicht mehr herausfinden. Von Häberles und Banz‘ Schicksal künden zwei Stolpersteine. Banz‘ Gattin Klara erhielt bis zu ihrem Tod 1955 von der Bundesrepublik eine kleine Hinterbliebenenrente.