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Daniel Hauser aus Stuttgart-Sillenbuch: Der Stolperstein kehrt bald zurück

Artikel aus den Stuttgarter Nachrichten
Caroline Holowiecki 21.02.2024 – 15:34 Uhr


Sillenbucher vermissen derzeit den Stolperstein, der an Daniel Hauser erinnert. Foto: Holowiecki

Wo ist er hin? Das haben sich viele Menschen in Sillenbuch gefragt. Seit an der Corneliusstraße neu gebaut wurde, ist der Stolperstein im Gedenken an Daniel Hauser verschwunden.
Schon wieder angelaufen! Susanne Bouché-Gauger macht sich sogleich daran, die metallische Oberfläche des Würfels abermals mit dem pinkfarbenen Tuch zu polieren, in das er gewickelt ist. Dass der sogenannte Stolperstein in möglichst makellosem Glanz erstrahlt, ist der Sillenbucherin wichtig. Immerhin erinnert er an einen Menschen, der in der Nazi-Zeit sein Leben verloren hat.

Der Stein ist Daniel Hauser gewidmet. Bis zu seiner Deportation ins KZ Theresienstadt, wo er am 26. August 1942 im Alter von 84 Jahren den Tod fand, lebte der jüdische Kaufmann an der damaligen Roonstraße, heute Corneliusstraße 4, in Sillenbuch. 2008 wurde der Gedenkstein vors Haus gesetzt. „Damals war auch jemand von Daniel Hausers Familie da“, erinnert sich Susanne Bouché-Gauger. Doch nun musste er wieder ausgegraben werden.

Stein wurde kurz vor Beginn der Arbeiten geborgen
An der Stelle wurde neu gebaut, monatelang waren deswegen die halbe Straße und der Gehweg blockiert. Kurz vor dem Start der Arbeiten war der Stein geborgen worden. Susanne Bouché-Gauger hat ihn als Mitglied der Initiative Stolperstein an sich genommen. Die Ehrenamtlichen setzen sich dafür ein, dass die zehn mal zehn Zentimeter großen Betonblöcke mit den Messing-Namenstafeln vor jenen Häusern in den Boden eingelassen werden, in denen Menschen gelebt haben, bevor sie von den Nazis verfolgt, ermordet oder in den Suizid getrieben wurden. Gestaltet werden die Mini-Denkmäler vom Kölner Künstler Gunter Demnig. 2023 verlegte er in Nürnberg Europas 100 000. Stolperstein.

Daniel Hauser, das hat die Stuttgarter Initiative herausgefunden, stammte aus einer besonders personenreichen jüdischen Familie, die seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Rust am Oberrhein ansässig gewesen war. Nach dem Schulabschluss machte er eine kaufmännische Ausbildung. Der Vater Abraham Hauser besaß zusammen mit seinem Bruder ein Eisen- und Manufakturwarengeschäft, daraus ging später das Kaufhaus Hauser & Levi in Offenburg hervor, gegründet von Jakob Hauser, Daniels Bruder.

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Zu diesem Zeitpunkt waren die meisten Mitglieder der großen Familie schon aus Rust weggezogen. Jakob Hauser starb 1920, der Bruder Daniel stieg in die Geschäftsleitung ein. 1934 verkaufte er den Betrieb und zog am 6. Juli 1936 schließlich nach Sillenbuch. Sein einziger Sohn, Arnold Ernst Hauser, war ein in Stuttgart bekannter Kinderarzt, hatte eine Praxis am Olgaeck. 1938 wanderte der Junior samt Familie in die USA aus.

Neue Fakten zu Daniel Hauser
In Stuttgart wurden in den vergangenen 20 Jahren mehr als 1000 Stolpersteine gesetzt, erklärt Johanna Heilweck-Backes aus der Organisation. Und die Zahl soll wachsen. Für den 16. Mai seien mehrere Verlegungen in der Stadt geplant. Auch der Stolperstein, der Daniel Hauser gewidmet ist, soll an seinen Platz zurückkehren. Die Bauarbeiten an der Corneliusstraße neigen sich mittlerweile dem Ende zu, doch vielen Menschen in Sillenbuch ist aufgefallen, dass noch etwas fehlt – der Stolperstein. Susanne Bouché-Gauger und Johanna Heilweck-Backes kündigen einen Festakt für den Herbst an. Bis dahin werden die Ehrenamtlichen weiterrecherchieren, damit die Opfer des Regimes nicht vergessen werden.

Und manchmal kommen nach Jahren auch neue Fakten ans Licht. So etwa zu Daniel Hauser. Wie Susanne Bouché-Gauger herausgefunden hat, wurde er nicht wie bislang angenommen in Theresienstadt getötet, sondern hat sich drei Tage nach seiner Ankunft im KZ aus dem Fenster gestürzt. Um den Grausamkeiten der Nazis zu entgehen.