Menü Schließen

Neue Stolpersteine für Stuttgart am 12. November 2013

Mehr als 43 000 Stolpersteine gibt es auf öffentlichen Gehwegen in fast 900 Gemeinden Deutschlands. Die 10x10cm großen Betonquader mit der Messingplatte auf der Oberseite, in welche Daten zum Leben und zum Tod eines Opfers des Nationalsozialismus eingeprägt sind, liegen immer dort, wo die Opfer ihren letzten frei gewählten Wohnsitz hatten. Der Kölner Künstler Gunter Demnig, der die Stolpersteine eigenhändig verlegt, ist für sein europäisches Erinnerungsprojekt auch im benachbarten Ausland unterwegs, zuletzt in Frankreich, Russland und der Schweiz. Im Herbst 2003 wurden erste Stolpersteine in Stuttgart-Ost verlegt, mittlerweile sind es über 700 in der ganzen Stadt.

Am Dienstag, den 12. November 2013, ab 10:00 Uhr kommt Gunter Demnig wieder nach Stuttgart, um weitere 16 Stolpersteine in acht Stadtbezirken (Feuerbach, Botnang, Nord, West, Süd, Mitte, Ost und Bad Cannstatt) zu verlegen.

Vor dem Haus Olgastraße 109 werden Stolpersteine für den jüdischen Getreidehändler Adolf Laupheimer und seine Frau Milly, die in Theresienstadt bzw. in Auschwitz ermordet wurden, sowie für ihren Sohn Manfred verlegt. Manfred Laupheimer war 1932 der jüngste Gerichtsreferendar Württembergs. Nach seiner Entlassung aus dem Staatsdienst als Jude floh er nach Holland und lebte als Gärtner in Amsterdam, bis er interniert und nach Auschwitz deportiert wurde. Ebenfalls in Mitte wird vor dem Haus Werastraße 9 ein Stolperstein an Susanne Rosenthal erinnern, die als Balletttänzerin Susanne Rosen am Stuttgarter Theater eine hoffnungsvolle Karriere begonnen hatte, dann aber 1933 entlassen wurde, was das Ende ihrer Karriere bedeutete. Als Bartänzerin und Haushaltshilfe schlug sie sich im Ausland durch, bis sie völlig verarmt in der Schweiz starb.

Einen Schwerpunkt bilden diesmal neun Stolpersteine für “Euthanasie”-Opfer: Die gezielte Ermordung von psychisch Kranken und geistig Behinderten aus den Heil- und Pflegeanstalten ist ein Zivilisationsbruch, der in der Geschichte einmalig ist. Die Nazis erklärten schutz- und pflegebedürftige Menschen zu nicht lebenswerten Ballastexistenzen. In den Jahren 1940/41 wurden ungefähr 70 000 dieser Menschen in den Gaskammern der Tötungseinrichtungen ermordet. Besonders erfreulich ist, dass drei dieser Steine auf Anregung von Familienangehörigen verlegt werden.

Ihr Lebensweg verlief anfangs oft völlig unauffällig bis sich dann psychische Probleme einstellten, die erst zur Einweisung in das Bürgerhospital und dann in eine Heilanstalt führten, so wie bei Anna Maria Rieg (Jahrgang 1877), die zehn Kinder zur Welt brachte, von denen allerdings nur vier überlebten. Ihre Erkrankung wurde 1932 deutlich. Zur Verlegung ihres Stolpersteins vor dem Haus Nelkenweg 8 in der Ostheimer Abelsbergsiedlung wird auch ein Geschäftsführer der SWSG erwartet. Vor dem Haus Zechweg 2 im Heslacher Eiernest wird ein Stolperstein an Willi Jäck (Jahrgang 1904) erinnern, der, weil er keine Arbeit fand, dem Vater half. Im Jahr 1930 entwickelte sich bei ihm eine Depression, die schließlich zu seiner Einweisung führte. Anna Theurer (Jahrgang 1908) aus der Spittastraße 6 arbeitete als Kontoristin. Durch die Weltwirtschaftskrise verlor sie ihre Arbeit. Bald danach wurde eine Gemütserkrankung sichtbar, die ihre Einweisung auslöste. Alle drei wurden mit den berüchtigten “Grauen Bussen” im Dezember 1940 nach Grafeneck gebracht und getötet.

Die Verlegungen der Stolpersteine finden auf dem öffentlichen Gehweg statt. Sie gehen damit in das Eigentum der Stadt Stuttgart über. Die Erforschung des Lebenswegs der Opfer und den begleitenden Rahmen bei der Verlegung übernimmt die Stolperstein-Initiative im jeweiligen Stadtbezirk, wo Sie auch weitere Informationen erhalten. Gelegenheit, um mit Gunter Demnig ins Gespräch zu kommen, besteht während der Mittagspause mit Imbiß bei den AnStiftern in der Denkmacherei, Werastraße 10.

Stolpersteine für Stuttgart am Dienstag, den 12. November 2013
(Uhrzeit~Steinverlegung):

10:00 Feuerbach, Hohewartstr. 26 – 1 Stein für Elsa MEGERLE
10:30 S-Botnang, Alte Stuttgarter Str. 109 – 1 Stein für Maria TREYZ
10:50 S-Nord, Am Kochenhof 59 – 1 Stein für Karl PFLOMM
11:15 S-West, Spittastr. 6 – 1 Stein für Anna THEURER
11:45 S-Süd, Zechweg 2 – 1 Stein für Wilhelm Friedrich JÄCK
12:00 S-Mitte, Olgastr. 109 3 – Steine für Adolf, Milly + Manfred LAUPHEIMER
12:15 S-Mitte, Olgastr. 75 – 1 Stein für Simon TANNE
12:30 S-Mitte, Werastr. 9 – 1 Stein für Susanne ROSENTHAL
MITTAGSPAUSE in der DenkMacherei der AnStifter, Werastr. 10
13:40 S-Ost, Nelkenweg 8 – 1 Stein für Anna Maria RIEG
14:00 Cannstatt, Theobald-Kerner-Str. 7 – 2 Steine für Max + Hedwig LÖWENTHAL
14:30 Cannstatt, Helfergasse 27 – 1 Stein für Luise Bernhardine BAUER
                        Helfergasse 10 – 1 Stein für Hermann MAYER
15:00 Cannstatt, Brunnenstr. 46C – 1 Stein für Romuald BAUR

Die angegebenen Uhrzeiten können nur eine grobe Orientierung für den geplanten Zeitpunkt der Verlegung sein — Verschiebungen lassen sich trotz sorgfältiger Planung leider nicht ganz ausschließen — Änderungen sind möglich — Wer bei einer Steinverlegung dabei sein will, sollte sich deshalb möglichst frühzeitig am Verlegungsort einfinden! Aufgrund des eng bemessenen Zeitplans kann Gunter Demnig an den vor Ort stattfindenden Rahmenveranstaltungen jeweils nur kurz teilnehmen! Mehr Infos über die einzelnen Stadtteilinitiativen oder in der Tagespresse!