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Nächste Stolpersteinverlegung in Stuttgart am 13. und 15. April 2013

Am 13. und 15. April wird Gunter Demnig in Stuttgart weitere 34 Stolpersteine verlegen, unter anderem für Else Josenhans und für Angehörige des weltweit bekannten Schriftstellers Fred Uhlman

“Paris ist sehr schön – heute!” Am 23. März 1933, vor 80 Jahren, erhielt der Stuttgarter Sozialdemokrat, Rechtsanwalt und Jude Fred Uhlman (1901-1985) über einen Schulfreund diese Warnung des Landgerichtsrats Dr. Gottlob Dill und konnte Stuttgart so rechtzeitig vor der Verhaftung durch die Nationalsozialisten verlassen. In England fand Fred Uhlman später eine neue Heimat und wurde zum international anerkannten Maler und Schriftsteller. Sein Buch “Reunion – Der wiedergefundene Freund” wurde in 19 Sprachen übersetzt und gehört etwa in Frankreich zur Schulpflichtlektüre. Seine Eltern Hannchen und Ludwig Uhlman sowie sein Onkel Oskar Uhlman verloren ihr Leben in Theresienstadt, seine Schwester Erna Uhlman verheiratete Dietz und deren Säugling Tana fanden auf dem Weg nach Auschwitz den Tod. Für sie werden im Beisein von Familienmitgliedern aus Deutschland, England und den USA sowie von Landespolizeipräsident Dr. Wolf Hammann vor dem Haus Hölderlinstraße 57 Stolpersteine verlegt. Ein weiterer Stolperstein wird in der Hegelstraße 62 an Fanny Löwenthal, die Schwiegermutter von Oskar Uhlman, erinnern, die am Tag der Deportation starb.

Im Zusammenhang mit den Verlegungen wird in der ehemaligen Synagoge in Freudental am Sonntag, 14. April, um 11:30 Uhr eine Ausstellung mit Gemälden von Fred Uhlman eröffnet (Rückfragen an Susanne Bouché-Gauger, susebouche@t-online.de). Bereits am Donnerstag, 11. April, stellt die Stolpersteininitiative Stuttgart-West um 19:00 Uhr in der Rosenbergkirche, Rosenbergstraße 92, das Buch von Margot Weiß “Was mich aufrecht erhielt, war die Post… – Postkarten aus Theresienstadt von Gertrud Nast-Kolb an ihre Tochter Ilse in Stuttgart (1944/45)” vor und zeigt den neuen 20-minütigen Film “Stuttgart – deine Stolpersteine” (Federführung: Annemarie von Osten, VON.OSTEN@gmx.de).

Stolpersteine, das sind kleine Betonquader mit einer Messingplatte, in der die Lebensdaten der Opfer eingeprägt sind. Verlegt werden sie von dem Kölner Künstler Gunter Demnig, dessen europaweites Kunstprojekt mittlerweile in Deutschland und 13 benachbarten Ländern mit über 39 000 Stolpersteinen an die Opfer des Nationalsozialismus, an Juden, Sinti und Roma, Zeugen Jehova, Politisch Andersdenkende, Homosexuelle und “Euthanasie”-Opfer erinnert. Allein in Stuttgart liegen mehr als 700 Stolpersteine quer durch die ganze Stadt verteilt.

Else Josenhans, geb. Meyer, war 1896 geboren. Sie war evangelisch getauft aber jüdischer Abstammung. Ihr Ehemann Wilhelm Josenhans war allerdings Nichtjude, sodass sie in einer „privilegierten Mischehe” eigentlich geschützt sein sollte, trotz mancher Schikanen für sie und ihre Familie. Als sie Ende Januar 1945 trotzdem den Bescheid zur Deportation in den Osten bekam, ließ sie sich von einer befreundeten Ärztin im Robert-Bosch-Krankenhaus für transportunfähig schreiben. Ein Polizeispitzel verleitete sie dazu, mit ihrer Familie in die Schweiz zu fliehen, doch am vereinbarten Treffpunkt wurden sie verhaftet. Else Josenhans kam schließlich in das Gestapo-Gefängnis im “Hotel Silber”, wo sie kurz vor dem Einmarsch der Franzosen in der Nacht zum 11. April grausam von dem SD-Hauptscharführer Anton Dehm ermordet wurde: “Ja, ich hab das Weib gehenkt. Aber zuerst ist die Schnur abgekracht. Die Frau sagte zu mir: Sie haben doch auch eine Mutter, lassen Sie mich doch am Leben. Da schlug ich sie aufs Maul, dann war sie ruhig und dann habe ich sie vollends aufgehängt”. Ihr Stolperstein im Carlos-Grethe-Weg 4 wird im Beisein von Innenminister Reinhold Gall und Landespolizeipräsident Dr. Wolf Hammann verlegt.

Beide werden auch in der Johannesstraße 44 anwesend sein, wenn Stolpersteine für Amalie Bechhöfer und ihre Tochter Erna verlegt werden. Erna Bechhöfer, geboren 1901, war ein humorvolles, aber auch ernstes und empfindliches Kind. Seit 1918 traten immer wieder psychische Erkrankungen auf, weshalb sie verschiedentlich in Kliniken eingewiesen war. Aufgrund des NS-Gesetzes zur “Erbgesundheit” wurde sie sterilisiert. Vom Bürgerhospital aus wurde sie 1936 in die Heilanstalt Rottenmünster verlegt, von wo sie am 16. September 1940 zur Ermordung nach Grafeneck gebracht wurde. Ihre jüdische Mutter Amalie verlor 1943 in Theresienstadt ihr Leben.

In Bad Cannstatt wird in der Wiesbadener Straße 26 an den sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten Karl Ruggaber erinnert, der am 17. März 1933 auf offener Straße verhaftet und in das KZ Heuberg gebracht wurde, wo SA-Leute als Hilfspolizisten ihr sadistisches Spiel mit ihm trieben. An den erlittenen Misshandlungen erlag er im Januar 1936. 1500 Gesinnungsgenossen kamen zu seiner Beerdigung nach Bad Cannstatt und machten diese zu einer eindrucksvollen Demonstration gegen den Naziterror.

Vor der ehemaligen Städtischen Kinderklinik in der Türlenstraße 22a wird ein Stolperstein für die 1939 geborene Gerda Metzger verlegt. Das Kind litt unter spastischen Lähmungen und wurde deshalb im Rahmen des NS-“Kindereuthanasie”-Programms in der “Kinderfachabteilung” des Städtischen Kinderkrankenhauses im Juli 1943 ermordet. In Stuttgart sollen dort mindestens 55 Kinder getötet worden sein.

Auch in der Pliensäckerstraße 6 und im Reinhold-Brändle-Weg 8 in Zuffenhausen werden Stolpersteine an Kinder erinnern. Hans Eugen Lang war 1934 wegen seiner Behinderung im Alter von 8 Jahren in die Heilanstalt Stetten gekommen, von wo er am 10. September 1940 mit einem der berüchtigten “grauen Busse” zur Ermordung nach Grafeneck gebracht wurde. Gerda Wild wurde im Alter von drei Jahren am 21. September 1943 in die Heilanstalt Eichberg eingewiesen, wo sie zwei Wochen später, am 5. Oktober 1943 getötet wurde.

Im Vorfeld der Verlegungsaktion zeigt die Stolpersteininitiative Zuffenhausen am Freitag, den 12. April, um 18:00 Uhr im Bürgerhaus Rot, Auricherstr. 34, (Nähe Haltestelle Schozacherstr. der Stadtbahn-Linie U7) den Film “Lebensunwert” zur Kinder-„Euthanasie“ (Kontakt: Inge Möller, ingeannettemoeller@gmail.com).

Jeder Stolperstein nennt einen Namen und steht für eine Lebensgeschichte, dort, wo der ermordete Mitbürger zuletzt selbstbestimmt gewohnt hatte. Die Verlegung findet auf dem öffentlichen Gehweg statt. Der Stolperstein geht damit in das Eigentum der Stadt Stuttgart über. Die Erforschung des Lebenswegs der Opfer und den begleitenden Rahmen bei der Verlegung übernimmt die Stolperstein-Initiative im jeweiligen Stadtbezirk, wo Sie auch weitere Informationen erhalten.

Stolpersteine für Stuttgart am Samstag, den 13. April 2013 (Uhrzeit~Steinverlegung):
9:00 S-West Feuerseeplatz 12 – 2 Steine für Gustav und Mathilde BECHHÖFER
9:20 S-Mitte Charlottenstr. 33 – 1 Stein für Anna BLUM
9:40 S-West Hölderlinstr. 57 – 5 Steine für Ludwig, Hannchen, Oskar, Erna und Tana UHLMAN
10:20 S-Nord Hauptmannsreute 6 – 2 Steine für Emilie HAARBURGER und Antonie HANAUER
10:40 S-Nord Relenbergstr. 74 – 1 Stein für Hilda OSTERTAG
11:00 S-West Johannesstr. 44 – 2 Steine für Amalie und Erna BECHHÖFER
11:30 S-West Hegelstr. 62 – 1 Stein für Fanny LÖWENTHAL
11:50 S-Nord Türlenstr. 22 A – 1 Stein für Gerda METZGER
12:10 S-Nord Hangleiterstr. 3 – 1 Stein für Klara LEVY
12:30 S-Nord Carlos-Grethe-Weg 4 – 1 Stein für Else JOSENHANS
MITTAGSPAUSE mit Gelegenheit zum Gespräch im Naturfreundehaus Steinbergle, Stresemannstr. 8
Stolpersteine für Stuttgart am Montag, den 15. April 2013 (Uhrzeit~Steinverlegung):
8:00 Zuffenhausen Pliensäckerstr. 6 – 1 Stein für Hans Eugen LANG
8:15 Zuffenhausen Reinhold-Brändle-Weg 8 – 1 Stein für Gerda WILD
8:45 Weilimdorf Drostestr. 6 – 1 Stein für Gertrud WELLNER
9:15 Feuerbach Helmstettstr. 9 – 1 Stein für Marie BOFINGER
9:45 S-West Cäsar-Flaischlen-Str. 7 – 2 Steine für Gottfried und Selma GUMBEL
10:15 S-Ost Hagbergstr. 31 – 2 Steine für Otto MEBERT und Kurt Albert SCHÜBEL
10:30 S-Ost Hornbergstr. 123 – 1 Stein für Emma Luise ZIBOLD
10:45 S-Ost Hornbergstr. 188 – 1 Stein für Maria BÜHLER
11:00 Bad Cannstatt Wiesbadener Str. 10 – 1 Stein für Hermann PFLICHTHOFER
11:15 Bad Cannstatt Wiesbadener Str. 26 – 1 Stein für Karl RUGGABER
11:45 Bad Cannstatt Nauheimer Str. 42 – 1 Stein für Marline HUSMANN
12:00 Bad Cannstatt Martin-Luther-Str. 10 – 1 Stein für Karl Eugen IKAS
12:15 Bad Cannstatt Martin-Luther-Str. 72 – 1 Stein für Barbara Johanna HERRMANN
12:30 Bad Cannstatt Kissinger Str. 30 – 1 Stein für Marie Caroline EISENMANN
14:00 Degerloch Rubensstr. 5 – 1 Stein für Johannes SCHWARZ
Die angegebenen Uhrzeiten können nur eine grobe Orientierung für den geplanten Zeitpunkt der Verlegung sein –Verschiebungen lassen sich trotz sorgfältiger Planung leider nicht ganz ausschließen – Änderungen sind möglich – Wer bei einer Steinverlegung dabei sein will, sollte sich deshalb möglichst frühzeitig am Verlegungsort einfinden! Aufgrund des eng bemessenen Zeitplans kann Gunter Demnig an den vor Ort stattfindenden Rahmenveranstaltungen jeweils nur kurz teilnehmen! Mehr Infos über die Stadtteilinitiativen!