Anna und Feiwel Engelberg, Gaisburgstr. 4 B
Feiwel Efoym Engelberg wurde am 27.9.1872 in Sokolov (Polen) geboren und kam, wie viele seiner Landsleute, in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts nach Berlin. Dort absolvierte er eine kaufmännische Lehre. Feiwels Ehefrau Anna, geb. Ball (23.7.1877) wurde in Sieniawa (Polen) geboren. 1904 entschieden sie sich zum Umzug nach Stuttgart, um dort ein Konfektions- und Schuhgeschäft aufzubauen.
Ansicht Olgaeck: Richtung Osten
Die Eheleute Anna (Channa) und Feiwel (Efoym) hatten sieben Kinder, die zwischen 1899 und 1919 geboren wurden.
Am 22.1. 1906 kam die Tochter Klara zur Welt. Von ihr weiß man, dass sie Sekretärin im Fürsorgeamt der israelitischen Kultusgemeinde war und der Religionsgemeinschaft als Kantoristin diente.
Von der Biografie der anderen Kinder ist in den Archiven nichts auffindbar.
Das erste Geschäft in der Holzstraße / Ecke Rosenstraße betrieb das Ehepaar bis 1914. Im Ersten Weltkrieg wurde Feiwel 1915 als Pole zum Österreichischen Heer eingezogen. Seine Frau Anna und sein ältestes Kind Mina (* 25.9.1899) eröffneten auf seinen Namen in der Eberhardstr. 3 ein Schuhgeschäft, das 1918 bei der Rückkehr Feiwels wieder aufgelöst wurde.
Von seiner Wohnung aus begann Feiwel 1920 einen Kleiderhandel in der Gaisburgstr. 4b. Dort lebten sie von 1908 bis 1941 in gut bürgerlichen Verhältnissen. Das bedeutete, dass die Familie mit neun Personen ein Dienstmädchen zur Hilfe einstellen konnte. Ende 1935 musste der Kleiderhandel aufgegeben werden. Ab dem 19.9.1941 mussten Anna und Feiwel, wie alle Juden, nach der „Polizeiverordnung über die Kennzeichnung der Juden - Verordnung vom 1. Sep. 1941 (Reichsgesetzblatt 547)” den Judenstern tragen.
1941 zogen Anna und Feiwel zwangsweise in das jüdische Atersheim Haigerloch.
Von dort wurden sie am 23.8.42 nach Theresienstadt deportiert. Schon am 29.9. ging der Transport BS 1811 in das Vernichtungslager Treblinka, wo sie ermordet wurden.
Das letzte Lebenszeichen, das ihre Kinder, die nach Palästina und USA auswandern konnten, vom Roten Kreuz übermittelt bekamen, stammt aus dem Jahr 1941.
Text und Recherche: Barbra Heuss-Czisch und Jennifer Lauxmann
Quellen:
Stuttgart Stadtarchiv Stuttgart
Hauptstaatsarchiv Stuttgart
Staatsarchiv Ludwigsburg, Entschädigungsakten
Foto Olgaeck: Sammlung G. Unglaub Stuttgart
Spender der Kleindenkmale: Bankhaus Trinkaus & Burghardt, vertreten durch Direktor Urban, Stuttgart
STOLPERBLICK - StolperKunst in Corona-Zeiten
Künstler*innen bleiben gerade auch in diesen Zeiten präsent und begegnen einem konkreten Stuttgarter Stolperstein oder einem anderen Ort, der in Stuttgart an die Verfolgungen in der NS-Zeit erinnert
http://www.stolperkunst.de/stolperblick-stolperkunst-in-coronazeiten/
Silke Arning auf SWR2 über das Los der Zwangsarbeiter im Lager auf der Schlotwiese
StolperKunst belebt Erinnerung
...ein Projekt der Stuttgarter Stolperstein-Initiativen gegen Geschichtsvergessenheit!
Warum Stolpersteine?
Für Hannelore Levi und ihre Eltern Berta und Ernst, letztere 1942 in Riga ermordet, wurden im Herbst 2017 Stolpersteine in Stuttgart verlegt. Pip McCosh (*1965, Neuseeland), Tochter von Hannelore Levi (*1928, Stuttgart, gest. 2012, Neuseeland) schrieb am 22. Januar 2018 eine e-mail, die anschaulich zeigt, dass Stolpersteine ihre Schleifen bis ins Hier und Jetzt ziehen...
Übersichtskarte der Stolpersteine
in der Reihe TÜBINGER JUDAISTISCHE STUDIEN erschienen:
Briefe zur JÜDISCHEN EHEVERMITTLUNG 1911-1921
Publikationen aus dem Stuttgarter Norden
Broschüre über „Else Kahn, geb. Jeselsohn. Nachgetragene Würde – nachgetragene Liebe. Eine Lebensgeschichte“
Broschüre „Der Killesberg unterm Hakenkreuz"
Der Stuttgarter "Judenladen": Ein fast vergessenes Stück Stuttgarter Stadtgeschichte
Die Geheime Staatspolizei in Württemberg und Hohenzollern
Ingrid Bauz, Sigrid Brüggemann, Roland Maier
Das jüdische Zwangsaltenheim in Eschenau und seine Bewohner
Herausgegeben von Martin Ulmer und Martin Ritter
Aus dem KZ Theresienstadt: "Was mich aufrecht erhielt, war die Post ..."
Postkarten aus Theresienstadt von Gertrud Nast-Kolb an ihre Tochter Ilse in Stuttgart (1944-1945)
heraus-gegeben von Margot Weiß
Verlegt
Krankenmorde 1940-41 am Beispiel der Region Stuttgart
heraugegeben von Elke Martin
Ernst Köhler
im August 1940 in Grafeneck ermordet - weil er krank war
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Walter, Hanna, Sofie, Rose, Erich, Auguste, Albert und Werner Levi
die ganze Familie wurde von den Nazis auf erschreckend gründliche Weise vernichtet weiter
Max und Mathilde Henle
Letzter frei gewählter Wohnort:
Hohentwielstrasse 146 B, Stuttgart Süd
Lydia Heilborn und ihre Tochter Gertrud
die Tochter in Grafeneck ermordet, die Mutter in Theresienstadt weiter
Hermine Wertheimer
zwangsevakuiert, deportiert und enteignet weiter