Georg Wohlleben
Der am 21. Februar 1903 in Stuttgart geborene Georg Wohlleben wuchs in der Neuen Stuttgarter Straße 58 (heute Beethovenstraße) in Botnang auf.
Sein Vater war "Bankdiener" und verstarb mit 37 Jahren an Krebs im Oktober 1914. Seine Mutter war gelernte Damenschneiderin. Die herzleidende Mutter hatte 4 Geburten. Zwei der Kinder wurden tot geboren. Wie viele seiner Generation, die während oder nach dem Ersten Weltkrieg aufwuchsen, hatte er keine Gelegenheit eine Berufsausbildung zu machen. Er arbeitete zuerst als Hilfsarbeiter, später dann als angelernter Dachdecker, zuletzt in einem Dachdeckerbetrieb in der Friedensstr. in Stuttgart. Es ist anzunehmen, dass er, wie viele andere Bewohner im Botnanger "Westheim" auch, Mitglied in sozialistischen oder kommunistischen Organisationen und Vereinen war. Eine herausragende Stellung, wie z.B. Walter Häbich, dürfte er jedoch nicht eingenommen haben. Ob er vor 1933 Mitglied der damaligen KPD war, ist nicht zu ermitteln. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten hat er sich für die sog. "Rote Hilfe" als Mittelsmann engagiert.
Am 21. Mai 1935 wurde er verhaftet. Bei der Verhaftung wurde ihm der linke Unterschenkel durchschossen. Das Oberlandesgericht Stuttgart verurteilte ihn am 2. März 1937 wegen eines "Verbrechens der Vorbereitung zum Hochverrat " zu einer Zuchthausstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten. Die bürgerlichen Ehrenrechte wurden ihm auf die Dauer von fünf Jahre aberkannt. Die Haftstrafe verbüßte er bis auf den letzten Tag in den Zuchthäusern Ludwigsburg und Welzheim. Nach der Strafhaft wurde er ohne ein weiteres Verfahren in das KZ Dachau überstellt. Dort erst wurde ihm die noch in seinem Oberschenkel steckende Kugel entfernt, unter welchen Bedingungen mag man sich heute gar nicht vorstellen. Bei der Operation in Dachau wurden Sehnen und Nerven durchtrennt, sodass sein linkes Bein teilweise gelähmt blieb. Im Oktober 1944 wurde er von Dachau ins KZ Neuengamme bei Hamburg verschleppt. Von dort führte ihn sein Leidensweg im Zuge der Auflösung des KZ Neuengamme in das Außenlager Wöbbelin. Dort waren die Zustände so unerträglich, dass täglich Hunderte Gefangene an Hunger und Entkräftung starben. Die 82. US-Luftlandedivision befreite das Lager am 2. Mai 1945.
Nachdem er im Laufe des Jahres 1945 wieder in Stuttgart angekommen war, versuchte er ein Fuhrunternehmen zu eröffnen, dies wohl deshalb, da er mit seiner Beinlähmung nicht mehr als Dachdecker arbeiten konnte. Er bekam zwar etwas finanzielle Hilfe durch das Amt für Wiedergutmachung, konnte sich jedoch wegen seines durch Zuchthaus und KZ-Haft sehr geschwächten Zustandes weder körperlich noch materiell erholen. Seit April 1947 war er ans Bett gefesselt. Er verstarb am 16. November 1947.
Aus einem Schreiben des öffentlichen Anwaltes für Wiedergutmachung vom 26. November 1947 geht hervor, dass Georg Wohlleben am 16.11.1947 an den Folgen der Inhaftierung (TBC) verstorben sei, und aus diesem Grund das ihm schon bewilligte und zugewiesene Wohnzimmer zu streichen sei.
Jörg Gaiß, Initiative S-Botnang, März 2008
Quelle: Staatsarchiv Ludwigsburg
STOLPERBLICK - StolperKunst in Corona-Zeiten
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http://www.stolperkunst.de/stolperblick-stolperkunst-in-coronazeiten/
Silke Arning auf SWR2 über das Los der Zwangsarbeiter im Lager auf der Schlotwiese
StolperKunst belebt Erinnerung
...ein Projekt der Stuttgarter Stolperstein-Initiativen gegen Geschichtsvergessenheit!
Warum Stolpersteine?
Für Hannelore Levi und ihre Eltern Berta und Ernst, letztere 1942 in Riga ermordet, wurden im Herbst 2017 Stolpersteine in Stuttgart verlegt. Pip McCosh (*1965, Neuseeland), Tochter von Hannelore Levi (*1928, Stuttgart, gest. 2012, Neuseeland) schrieb am 22. Januar 2018 eine e-mail, die anschaulich zeigt, dass Stolpersteine ihre Schleifen bis ins Hier und Jetzt ziehen...
Übersichtskarte der Stolpersteine
in der Reihe TÜBINGER JUDAISTISCHE STUDIEN erschienen:
Briefe zur JÜDISCHEN EHEVERMITTLUNG 1911-1921
Publikationen aus dem Stuttgarter Norden
Broschüre über „Else Kahn, geb. Jeselsohn. Nachgetragene Würde – nachgetragene Liebe. Eine Lebensgeschichte“
Broschüre „Der Killesberg unterm Hakenkreuz"
Der Stuttgarter "Judenladen": Ein fast vergessenes Stück Stuttgarter Stadtgeschichte
Die Geheime Staatspolizei in Württemberg und Hohenzollern
Ingrid Bauz, Sigrid Brüggemann, Roland Maier
Das jüdische Zwangsaltenheim in Eschenau und seine Bewohner
Herausgegeben von Martin Ulmer und Martin Ritter
Aus dem KZ Theresienstadt: "Was mich aufrecht erhielt, war die Post ..."
Postkarten aus Theresienstadt von Gertrud Nast-Kolb an ihre Tochter Ilse in Stuttgart (1944-1945)
heraus-gegeben von Margot Weiß
Verlegt
Krankenmorde 1940-41 am Beispiel der Region Stuttgart
heraugegeben von Elke Martin
Ernst Köhler
im August 1940 in Grafeneck ermordet - weil er krank war
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Walter, Hanna, Sofie, Rose, Erich, Auguste, Albert und Werner Levi
die ganze Familie wurde von den Nazis auf erschreckend gründliche Weise vernichtet weiter
Max und Mathilde Henle
Letzter frei gewählter Wohnort:
Hohentwielstrasse 146 B, Stuttgart Süd
Lydia Heilborn und ihre Tochter Gertrud
die Tochter in Grafeneck ermordet, die Mutter in Theresienstadt weiter
Hermine Wertheimer
zwangsevakuiert, deportiert und enteignet weiter