Wilhelm Renz
Bussenstr. 47
Wilhelm Renz, geboren am 8. August 1887 in Ergenzingen, war Mechaniker. Er lebte mit seiner Ehefrau Elise, geborene Brimo, viele Jahre in der Bussenstraße 47 in Gablenberg. Das Ehepaar hatte zwei Kinder. Nach der Ermordung ihres Mannes blieb Elise Renz bis zu ihrem Tod in der Wohnung.
Nach den wenigen noch vorhandenen Unterlagen litt Wilhelm Renz an "paranoider Schizophrenie". Nach kurzen Aufenthalten in der Heilanstalt Rottenmünster konnte Wilhelm Renz immer wieder bei seiner Familie leben, seinem Beruf nachgehen und seine Familie versorgen. Aber sein Zustand verschlimmerte sich, und so wurde er im September 1937 in der Heilanstalt Zwiefalten untergebracht.
In Vorbereitung des Krieges plante die Regierung, die grenznahen Heilanstalten in Baden als Lazarette zu nutzen. In einem ersten Schritt wurden diese Anstalten geräumt und die Patienten in andere Kliniken gepfercht, ohne Rücksicht auf deren Kapazität. Dass dies dort zu schweren Missständen führte, nahmen die Behörden in Kauf. Denn Langzeitkranke waren nicht als Arbeiter oder Soldaten verwendbar, weshalb die Regierung in ihnen nur "unnütze Esser" sah. Zwiefalten war ab 1939 stark von den Patientenverlegungen betroffen. Sicher hat auch Wilhelm Renz die Vernachlässigung, Unsicherheit und Angst zu spüren bekommen, die aus der Überfüllung resultierten.
Der zweite Schritt im Plan der Regierung war die heimliche Vernichtung von reichsweit 70.000 kranken Mitbürgern. In enger Abstimmung zwischen Berlin und den Innenministerien in Stuttgart und Karlsruhe wurde auf der Münsinger Alb die Tötungszentrale "Landespflegeanstalt Grafeneck" eingerichtet.
Am 26. April 1940 ging der erste Transport von Zwiefalten nach Grafeneck ab. Wilhelm Renz wurde wenig später am 9. Mai 1940 mit 25 weiteren Menschen nach Grafeneck verschleppt, dort am gleichen Tag in der Gaskammer ermordet und eingeäschert.
Die Witwe erhielt einen der standardisierten "Trostbriefe" und die vom Standesamt Grafeneck gefälschte Sterbeurkunde, auf der als Todesdatum der 19. Mai 1940 und als Todesursache „akute Hirnschwellung“ angegeben sind.
Der Stolperstein für Wilhelm Renz wurde am 16.04.2012 gesetzt.
Die Inschrift lautet:
HIER WOHNTE
WILHELM RENZ
JG. 1887
HEILANSTALT ZWIEFALTEN
'VERLEGT' 9.5.1940
GRAFENECK
ERMORDET 9.5.1940
AKTION T4
Recherche und Text: Stolperstein-Initiative Stuttgart-Ost
STOLPERBLICK - StolperKunst in Corona-Zeiten
Künstler*innen bleiben gerade auch in diesen Zeiten präsent und begegnen einem konkreten Stuttgarter Stolperstein oder einem anderen Ort, der in Stuttgart an die Verfolgungen in der NS-Zeit erinnert
http://www.stolperkunst.de/stolperblick-stolperkunst-in-coronazeiten/
Silke Arning auf SWR2 über das Los der Zwangsarbeiter im Lager auf der Schlotwiese
StolperKunst belebt Erinnerung
...ein Projekt der Stuttgarter Stolperstein-Initiativen gegen Geschichtsvergessenheit!
Warum Stolpersteine?
Für Hannelore Levi und ihre Eltern Berta und Ernst, letztere 1942 in Riga ermordet, wurden im Herbst 2017 Stolpersteine in Stuttgart verlegt. Pip McCosh (*1965, Neuseeland), Tochter von Hannelore Levi (*1928, Stuttgart, gest. 2012, Neuseeland) schrieb am 22. Januar 2018 eine e-mail, die anschaulich zeigt, dass Stolpersteine ihre Schleifen bis ins Hier und Jetzt ziehen...
Übersichtskarte der Stolpersteine
in der Reihe TÜBINGER JUDAISTISCHE STUDIEN erschienen:
Briefe zur JÜDISCHEN EHEVERMITTLUNG 1911-1921
Publikationen aus dem Stuttgarter Norden
Broschüre über „Else Kahn, geb. Jeselsohn. Nachgetragene Würde – nachgetragene Liebe. Eine Lebensgeschichte“
Broschüre „Der Killesberg unterm Hakenkreuz"
Der Stuttgarter "Judenladen": Ein fast vergessenes Stück Stuttgarter Stadtgeschichte
Die Geheime Staatspolizei in Württemberg und Hohenzollern
Ingrid Bauz, Sigrid Brüggemann, Roland Maier
Das jüdische Zwangsaltenheim in Eschenau und seine Bewohner
Herausgegeben von Martin Ulmer und Martin Ritter
Aus dem KZ Theresienstadt: "Was mich aufrecht erhielt, war die Post ..."
Postkarten aus Theresienstadt von Gertrud Nast-Kolb an ihre Tochter Ilse in Stuttgart (1944-1945)
heraus-gegeben von Margot Weiß
Verlegt
Krankenmorde 1940-41 am Beispiel der Region Stuttgart
heraugegeben von Elke Martin
Ernst Köhler
im August 1940 in Grafeneck ermordet - weil er krank war
weiter
Walter, Hanna, Sofie, Rose, Erich, Auguste, Albert und Werner Levi
die ganze Familie wurde von den Nazis auf erschreckend gründliche Weise vernichtet weiter
Max und Mathilde Henle
Letzter frei gewählter Wohnort:
Hohentwielstrasse 146 B, Stuttgart Süd
Lydia Heilborn und ihre Tochter Gertrud
die Tochter in Grafeneck ermordet, die Mutter in Theresienstadt weiter
Hermine Wertheimer
zwangsevakuiert, deportiert und enteignet weiter