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Theresia Esslinger, Fahrionstr. 37

Sie wird als Theresia Wenger im Jahr 1883 in Bronnen, Gemeinde Ringschnait bei Biberach an der Riß, unehelich geboren und katholisch getauft. Vom Vater ist nur bekannt, dass er Musiker war und schon früh gestorben ist an einem Herzschlag. Die Mutter lebe noch, so weist es die Krankenakte 1934 aus, und sei gesund.
Theresia hat zwei Brüder und drei Schwestern, die aus der späteren Ehe der Mutter mit dem Stiefvater stammen. Theresia besucht die Volksschule in Ringschnait und ist eine gute Schülerin. Nach der Schulzeit geht sie eine Zeitlang ins Geschäft in Biberach, hat dann verschiedene Stellen als Zimmermädchen und arbeitet als Bedienung. Sie lernt den Schweißer Moritz Esslinger kennen, heiratet ihn 1906 in der Schweiz. Das Ehepaar zieht mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs nach Deutschland, lebt dann einige Zeit in Aalen und die letzten Jahre in Feuerbach in der Uhlandstraße 37, der heutigen Fahrionstraße. Das Ehepaar hat keine Kinder. Allerdings hatte Theresia vor der Eheschließung ein Kind geboren, das aber bereits mit 7 Monaten starb.
Die Ehe sei gut, Theresia führe einen sparsamen Haushalt, und es wird ihr bescheinigt, dass sie fleißig und pünktlich sei, jedoch von jeher eifersüchtig und leicht misstrauisch.
Während der dreijährigen Arbeitslosigkeit ihres Mannes Anfang der 1930er Jahre gerät sie in große wirtschaftliche Schwierigkeiten. Wie es heißt, sei Theresia sehr religiös, bete viel, gehe aber nicht häufig in die Kirche. Dann habe sie plötzlich gar nichts mehr gemacht. Sie habe wie starr mit gefalteten Händen vor dem Kruzifix gestanden und sei aus dieser Stellung nicht mehr herauszubringen gewesen. Sie bedürfe, so das ärztliche Attest von Dr. Behrmann, wegen ihrer geistigen Erkrankung und Gefahr für sich selber und gegenüber anderen Personen dringend der Aufnahme in eine psychiatrische Abteilung. Sie wird aufgenommen im Stuttgarter Bürgerhospital. Im Mai 1934 wird sie wegen akuter Psychose in die Heilanstalt Göppingen verbracht, nach 6 Monaten aber wieder nach Hause entlassen. Im April 1935 kommt Theresia in die Praxis des sie behandelnden Arztes Dr. Fricker in Feuerbach. Der hält sie für dringend anstaltsbedürftig. Theresia kommt wieder ins Bürgerhospital und nach Göppingen. Als ihr Mann sie dort besucht, beklagt sie sich über schlechte Behandlung. Darauf nimmt er kurz entschlossen seine Frau nach nur 3 Wochen Aufenthalt mit nach Hause. Und wieder belästigt Theresia Esslinger, wie schon früher, die Hausbewohner und die Nachbarschaft – wie es heißt, in unsittlicher und unanständiger Weise – verfolgt und bedroht sie. Ihr Mann geht morgens zur Arbeit und hinterlässt seine Frau unbeaufsichtigt. Um nachts für ein paar Stunden Ruhe zu haben, verabreicht er ihr alkoholische Getränke. Dadurch steigert sich ihre Krankheit, eine Schizophrenie, noch mehr.
Die Hausbewohner und Nachbarn wenden sich an das Polizeipräsidium Stuttgart und bitten um Abhilfe. Am 1.6.1935 zieht Theresia aus und wohnt für knapp 2 Wochen in der Gastwirtschaft „Zur Krone“ in der Feuerbacher Marktstraße, heute Klagenfurter Straße, bis sie zum dritten Mal ins Bürgerhospital eingewiesen und nach Göppingen verbracht wird. Hier muss sie 5 Jahre verbringen und weitere 8 Monate in Weinsberg, ehe sie als unheilbar kranke und im Nazi-Jargon „lebens-unwerte“ Person in einem der berüchtigten Busse nach Grafeneck deportiert wird, wo sie am 11. Dezember 1940 im Alter von 57 Jahren in der dortigen Gaskammer ermordet wird.

Am 18. September 2012 wurde für sie ein Stolperstein verlegt.

Recherche und Text: Elke Martin, Heinz Wienand
Stolperstein-Initiative Feuerbach/Weilimdorf