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Pauline Falk, Hohewartstr. 23 B

Pauline Falk wird am 6. Januar 1901 in Feuerbach geboren. Sie wächst in einer evangelischen Familie auf in der Solitudestraße 23 B, heute Hohewartstraße.
Ihre Eltern sind Gottlieb Falk aus Feuerbach und dessen Ehefrau Katharina, geb. Müller, die aus Mittelstadt bei Reutlingen stammt. Familie Falk hat sechs Kinder: Marie, Berta, Pauline, Martha, Lydia und einen Sohn. Der Sohn, dessen Name nicht bekannt ist, stirbt bereits nach wenigen Wochen an Keuchhusten.
Im Feuerbacher Adressbuch wird der Beruf des Vaters mit Fabrikarbeiter angegeben. Im Nebenberuf ist er Weingärtner. Er besitzt am Lemberg einen Weinberg und im Keller des Hauses einen Gewölbekeller aus Natursteinen, in dem er in Holzfässern den Wein lagert. In den Wintermonaten, wenn es im Weinberg nichts zu tun gibt, arbeitet er in den Steinbrüchen des Killesbergs.
Pauline Falk, das drittälteste Kind der Familie, ist hübsch und schlank von Gestalt. Sie besucht in Feuerbach die Bismarckschule und ist eine sehr gute Schülerin. Nach dem Schulabschluss möchte Pauline gerne Lehrerin werden. Aber ihr Vater hält nichts von diesem Berufswunsch und untersagt ihr eine Ausbildung zur Lehrerin.
In einer Familie in Reutlingen nimmt Pauline eine Stellung als Haustochter an, die sie bis zu ihrem 21. Lebensjahr ausübt. Dann geht sie als Köchin nach Holland. Dort lernt sie einen Holländer kennen, mit dem sie sich befreundet. Als ihre Mutter mit nur 50 Jahren stirbt und auch ihre älteste Schwester Marie der Tod ereilt, holt Vater Falk Pauline aus Holland zu sich nach Feuerbach, damit sie im Haushalt hilft. Ihre Freundschaft zu dem Holländer muss sie aufgeben.
Bei Pauline zeigen sich erste Krankheitszeichen. Es beginnt ihre Leidenszeit: 4 Monate lang, von Dezember 1936 bis April 1937 wird sie in der Tübinger Nervenklinik eingesperrt. Die Diagnose lautet: beginnende Schizophrenie. Aus einem Schreiben von Februar 1937 geht hervor, dass sie sterilisiert wird. Sie bleibt ihr Leben lang ledig.
Die äußeren Lebensbedingungen der Pauline Falk waren nicht günstig: Der Vater untersagte ihr, Lehrerin zu werden; den Freund, den sie zu heiraten gedachte, musste sie aufgeben, und nach dem frühen Tod der Mutter ihrem Vater den Haushalt führen. Zeitzeugen berichten, dass Pauline sich des Öfteren aggressiv verhalten habe, ja aufsässig geworden sei, Affektstörungen und Wahnvorstellungen bekommen, ihren Vater drangsaliert und ihn sogar tätlich angegriffen habe. Außerdem sei sie einer religiösen Sekte beigetreten, die von ihr verlangt habe, dass sie ihren ganzen Besitz abgebe. Das sei – so berichtet es eine Zeitzeugin – so weit gegangen, dass sie auch den Familienbesitz habe hergeben wollen.
Schließlich sieht sich der Vater nicht mehr in der Lage, Pauline im Haus zu behalten und schickt sie nach Tübingen in die Nervenklinik. Von Tübingen aus kommt sie für 3 Monate in die Diakonissenanstalt Schwäbisch Hall. Hier hilft sie in der Küche. Von Schwäbisch Hall wird sie im November 1940 nach Weinsberg „verlegt“ und im März 1941 als ungeheilt entlassen. Aber nicht nach Hause entlassen, sondern in die Tötungseinrichtung Hadamar bei Limburg abgeschoben. In einer als Duschraum getarnten Gaskammer wird Pauline am 10. März 1941 im Alter von 40 Jahren ermordet und im Krematorium verbrannt.

Zum Gedächtnis erhielt Pauline Falk am 15. März 2008 einen Stolperstein in der Hofeinfahrt zu ihrem früheren Wohnhaus.

Recherche und Text: Elke Martin, Heinz Wienand
Stolperstein-Initiative Feuerbach/Weilimdorf