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Margarete Neuberg, Stöckachstr. 1

Margarete Neuberg, geborene Scher, war eine Cousine oder Nichte von Gitla und lebte mit ihrer Familie ebenfalls in einer Wohnung in der Stöckachstraße 1.
1924 heiratete sie Leopold Neuberg. Die beiden hatten 2 Kinder, Edgar Markus und Klara Eva.
Die Geschichte von Leopold Neuberg zeigt in erschreckender Weise, wie gravierend die rassische Diskriminierung der Nationalsozialisten das Schicksal der Betroffenen bestimmte.
Leopold war bis einen Tag vor seinem Tod beim Fuhramt der Stadt Stuttgart beschäftigt. Mit der Machtübernahme 1933 wurde er degradiert und nur noch in untergeordneter Stellung weiterbeschäftigt. Am ersten November 1937 wurde er aus rassischen Gründen entlassen. Einen Tag später ist Leopold gestorben.
Ein Gutachten im Rahmen des Entschädigungsverfahrens anerkennt einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Entlassung und Tod von Leopold Neuberg als wahrscheinlich.
Nachdem ihrer beiden Kinder die Volksschule verlassen mussten und nach den Novemberprogromen 1938 sah Margarete wie viele andere Juden hier keine Zukunft für ihre Kinder. Deshalb hat sie entschieden, 1939 Sohn und Tochter mit den Kindertransporten nach England zu schicken.
Das englische Parlament erlaubte nach den Ausschreitungen der Progromnacht unter Auflagen die Einreise von 10.000 jüdischen Kindern. Für die meisten Kinder sollte dies ein Abscheid für immer werden. Auch Klara Eva und Edgar Markus werden ihre Mutter nie wieder sehen.
Margarete blieb allein in Stuttgart zurück. Sie arbeitete bis zum 27.02.1943 bei der Firma Erich Schumm in Murrhardt. Ihr letzter Wohnsitz in Stuttgart war die Blumenstraße 2, ein sog. Judenhaus.
Margarete hat zuvor ihre Wohnungseinrichtung samt in die Möbelstücke eingenähtes Geldvermögen durch die innere Mission zu ihren Kindern nach England verschicken lassen.
Wie im Entschädigungsverfahren 1963 bekannt wurde, kam diese Fracht nie in England und bei den Kindern an. Dieser Verlust von Einrichtung und Vermögen wurde nicht anerkannt. Die Kinder erhalten lediglich 970.-DM. Ihre gerichtliche Berufung wird abgewiesen. 1967 kommt es zu einem Vergleich mit der Oberfinanzdirektion Stuttgart.
Margarete Neuberg wurde am 1.3. 1943 nach Auschwitz deportiert und 1945 für tot erklärt.
 

Text und Recherche: Stolperstein-Initiative Ost, Harald Stingele & Claudia Häussler