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Klara Vetter, Oswald-Hesse-Str. 27

Klara Vetter wird am 10. März 1908 geboren. Ihre Eltern sind Christian Vetter, Mechaniker von Beruf, und Rosine Vetter, geborene Hof. Klara hat noch zwei Schwestern.
Vom 6. bis zum 13. Lebensjahr besucht Klara die Schule, lernt gut und sehr gern. Zunächst hilft sie zu Hause im Haushalt mit, wahrscheinlich, weil die Mutter arbeiten gehen muss und weil der Vater sein Geschäft als Maschinenhändler aufgeben muss. Dann ist sie 2 Jahre bei der Firma Leitz tätig, danach ein Jahr bei Bosch. In diesen Jahren ist sie immer wieder krank, hat Anfälle, über die nichts Näheres bekannt ist. Sie arbeitet dann noch 2 Jahre bei Gretsch-Unitas, einer Fabrik für Fenster- und Türbeschläge, früher Bregenzer-/Ecke Steiermärker Straße, heute in Ditzingen ansässig.
Klara geht gern zum Gottesdienst in die evangelische Kirche und trifft sich mit Freundinnen im Jungfrauenverein. Im Alter von 21 Jahren hat sie bei einem solchen Vereinstreffen einen Anfall, ist aber nicht bewusstlos.
1932 wird sie vom allgemein-praktischen Arzt Dr. Fricker ins Bürgerhospital überwiesen. Klara Vetter wird ausführlich befragt ausführlich zu allem Möglichen. Klara hat zu Vielem keine Erklärung und sagt unter anderem: „… die Nerven sind das.“ Sie wisse alles, sehe alles, aber sie selbst könne nichts mehr machen, sie sei nicht mehr selbstständig. Es stellt sich heraus, dass sie deutlich an einer schweren Depression leidet. Ihr teils unbeherrschtes Verhalten könne mit einer Erkrankung der Schilddrüse zusammenhängen.
Im Mai 1932 kommt Klara Vetter nach Göppingen in die Psychiatrische Abteilung. Dort wird Schizophrenie diagnostiziert, und sie kommt 1933 in die Heilanstalt Weissenau bei Ravensburg. Im Herbst 1935 scheint sich ihr Zustand „gebessert“ zu haben und sie wird nach Hause entlassen. Vorher wird sie in Ravensburg sterilisiert.
Der Vater ist wohl gegen Ende der 30er Jahre gestorben, denn in den Adressbüchern steht die Mutter, Rosine Vetter, als Witwe. Sie zieht dann in die Föhrichstraße 33.
Auf Ansuchen der Familie kommt Klara, begleitet von ihrer Schwester, Anfang 1939 wieder ins Bürgerhospital, von wo sie nach 4 Wochen als ungeheilt wieder nach Weissenau kommt.
1940 schließlich wird Klara Vetter in die Heilanstalt Winnental „versetzt“, wo in den Akten am 28.5.1943 in der Rubrik „Austritt“ schlicht „tot“ steht. Als Todesursache wird Lungen- und Darm-TBC angegeben.
Klara Vetter wurde nicht in Grafeneck oder Hadamar getötet, wohin viele Behinderte in den Jahren 1940 und 1941 in Bussen gebracht wurden. In diesen beiden Jahren gab es im Deutschen Reich insgesamt sechs Tötungseinrichtungen, in denen etwa 70.000 behinderte Menschen vergast wurden. Weil sie von den Nazis als „lebensunwert“, als „unnütze Esser“, als „Ballastexistenzen“ eingestuft wurden.
Zwischen 1941 und 1945 wurden rund 275.000 Patienten „dezentral“ umgebracht, also in den „Heilanstalten selbst“ – durch die Gabe von Medikamenten, durch schlecht beheizte Zimmer und eine Verpflegung, die beispielsweise aus in Wasser ausgekochten Kartoffelschalen bestand. Dieser so genannten „wilden Euthanasie“ fiel auch Klara Vetter zum Opfer.

Am 11. Juni 2018 bekam Klara Vetter einen Stolperstein.

Recherche und Text: Elke Martin, Heinz und Hildegard Wienand
Stolperstein-Initiative Feuerbach/Weilimdorf