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Beim Kampf um die Erinnerung geht es um die Zukunft der Demokratie!

Schon seit geraumer Zeit nehmen die öffentlichen Auseinandersetzungen um die Deutung der deutschen Geschichte zu. Die Rede des ehemaligen AfD-Fraktionsvorsitzenden Alexander Gauland, der 2018 Hitler und die Nazis ungestraft als „nur ein Vogelschiss“ in der ansonsten „ruhmreichen“ deutschen Geschichte bezeichnen konnte, war ein besonders abstoßendes Beispiel für die Relativierung der Menschheitsverbrechen des „Dritten Reiches“. Seit Jahren häufen sich antisemitische, rassistische und fremdenfeindliche Hetze und Übergriffe, neue rechte Bewegungen und rechtspopulistische Parteien befinden sich im Aufwind. Das unsägliche Auschwitz-Flugblatt des bayerischen Vize-Ministerpräsidenten und Freie-Wähler-Chefs Hubert Aiwanger, die Reaktionen darauf und auch schon Aiwangers Auftritt auf einer Kundgebung gegen das Heizungsgesetz Mitte Juni in Erding zeigen, dass Sprache und Gedanken der extremen Rechten wieder salonfähig werden.

Ernst Grube, der heute Präsident der Lagergemeinschaft Dachau ist, das KZ überlebte und im März dieses Jahres zur Stolperstein-Verlegung für seinen Onkel Siegfried und seine Tante Selma Süß-Schülein in Stuttgart war, weist zu Recht darauf hin, dass das von der „Süddeutschen Zeitung“ publik gemachte Pamphlet, das u.a. mit dem ausgelobten ersten Preis („Ein Freiflug durch den Schornstein in Auschwitz“)

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den Holocaust verherrlicht und darüber hinaus auch die im Gestapo-Keller von der SS oft zu Tode gequälten politischen Häftlinge und die mit dem erwähnten Genickschuss ermordeten sowjetischen Kriegsgefangenen verhöhnt. Grube ist zuzustimmen, wenn er daran erinnert, dass auch Hitler nur mit Hilfe bürgerlicher Parteien an die Macht kommen konnte und es deshalb heute keine Zusammenarbeit mit der AfD geben darf. Letztlich geht es bei der Auseinandersetzung mit der Geschichte um die Zukunft der Demokratie, wie es auch der Berliner Autor Max Czollek treffend auf den Punkt bringt: „Eine Erinnerungspraxis, die der pluralen und postnationalsozialistischen Demokratie angemessen ist, sollte darauf abzielen, die Gesellschaft so einzurichten, dass sich die Geschichte nicht wiederholt.“

TAZ-Artikel zu Hubert Aiwangers Flugblattaffäre “Wer ist hier das Opfer?”

Pressemitteilung der Stuttgarter Stolperstein Initiativen im Herbst 2023