Gustav Friedrich Scheerer ist am 24. September 1893 in Sulzbach/Murr geboren. Er zog aber noch im Kindesalter nach Stuttgart-Degerloch. Seine Eltern waren der Briefträger Christian Wilhelm Scheerer und Christine Karoline Scheerer, geb. Oppenländer. Er hatte sechs Geschwister.
In seiner Kindheit hat er sich körperlich und geistig normal entwickelt. Er besuchte die Volksschule und war ein mittelmäßiger Schüler. Nach der Schule hat er erst als Graveur und später als Sattler gearbeitet (bei seinem Bruder).
Ab 1913 arbeitete er bei der Post und zog Ende 1914 als Soldat in den Ersten Weltkrieg. 1917 wurde er im Krieg verletzt, was Halluzinationen und Wahnvorstellungen zur Folge hatte. Er wurde aus dem Kriegsdienst entlassen und wieder als Postschaffner angestellt.
Am 28. August 1920 heiratete er Lina Kies. Das Ehepaar bekam drei Kinder. Die Scheidung erfolgte am 9. Juli 1930.
Die Familie lebte bis dahin im Haus Große Falterstr. 13. Dieses Haus gehörte Gustav Scheerer.
Er selbst war vom 16. Oktober bis zum 19. November 1930 im Bürgerhospital und wurde anschließend in die Heil- und Pflegeanstalt Winnental gebracht. Dort ist er kurz nach der Einlieferung entwichen. Er hat wieder bei der Post gearbeitet, wurde jedoch mehrfach in Heilanstalten eingewiesen. Die zwangsweise Pensionierung wegen Geisteskrankheit erfolgte 1935.
Am 12. März 1935 wurde er in die Heil- und Pflegeanstalt Christophsbad Göppingen gebracht. Von dort wurde er am 11. Dezember 1936 auf Verordnung des Innenministeriums in die Heil- und Pflegeanstalt Zwiefalten verlegt und am 8. September 1939 in die Heil- und Pflegeanstalt Schussenried.
Am 23. August 1940 wurde er nach Grafeneck verlegt, eine der Tötungsanstalten der T4-Aktion. Dort wurde er noch am selben Tag ermordet. Laut Sterbeurkunde war der Todestag der 14. September 1940 und als Todesort war Hartheim bei Linz angegeben. Diese Fälschungen kamen oft vor. Damit sollten die Tötungsaktionen vertuscht werden.
Am 15. November 2018 wurde in der Großen Falterstr. 13 ein Stolperstein für Gustav Friedrich Scheerer verlegt.
Am Wilhelms-Gymnasium in Degerloch gab es 2018 zur Verlegung ein Schüler-Projekt. Der Artikel des Projekts auf der Schulseite ist nicht mehr vorhanden.
Artikel über Gustav Friedrich Scheerer in der Stuttgarter Zeitung.
Franziska Kraufmann, die Urenkelin Scheerers hat in Archiven geforscht, damit ihr Urgroßvater nicht in Vergessenheit gerät.
Sie ist auch die Enkeltochter des langjährigen Wirtschaftsbürgermeister Otto Kraufmann. Der Kommunist war 1933 der erste Schutzhäftling Württembergs.
Artikel über Otto Kraufmann in der Stuttgarter Zeitung
Recherche und Text: Franziska Kraufmann 2018, aktualisiert und ergänzt: Anne Roller-Salm, 2025, Initiative Stolpersteine Stuttgart-Fildervororte.
Quellen: StAL Bü 7822 Nr. 22 / PL 447 II Aufnahmenr. 11396 Göppingen / K 510 I Bü 3989
Foto: Gustav Adolf Scheerer, privat (Franziska Kraufmann)
Literatur: Elke Martin: (Hrsg.): Krankenmorde 1940-41 am Beispiel der Region Stuttgart. Stuttgart 2011