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Frida und Benedikt Kaufmann, Hermannstr. 16

Benedikt Kaufmann wurde am 23. Oktober 1880 in Affaltrach geboren.  Er arbeitete als Kaufmann, Viehhändler und Grundstücksvermittler.  Als es ihm wegen der nationalsozialistischen Gesetzgebung nicht mehr möglich war, seine Berufe auszuüben, übernahm er Gartenarbeiten.
Kaufmann war mit Frieda, geborene Marx, verheiratet, die am 11. Januar 1888 in Burgebrach bei Bamberg geboren wurde.  Sie hatten einen Sohn Berthold, der 1912 in Cannstatt zur Welt kam.  Weitere Informationen über den Sohn konnten bis jetzt nicht gefunden werden.
Benedikt Kaufmann besaß ein Grundstück mit Gebäude in Biberach/Riß, das er 1924 an die Stadt Biberach verkaufte. Die Stallungen dort wurden für den Viehhandel benützt, den er mit einem Kompagnon betrieb.  Nach dem Verkauf pachtete er das Anwesen.

Im Jahre 1925 wohnte das Ehepaar in Cannstatt in der Königstraße 39.  In den Stuttgarter Adressbüchern wird Benedikt Kaufmann seit 1926 als Eigentümer des Hauses Hermannstraße 16 im Stuttgarter Westen genannt, und er hatte im 1. Stock auch eine Wohnung.  Vermutlich war der Hauskauf in Stuttgart durch die Veräußerung des Biberacher Anwesens ermöglicht worden.  Im November 1939 wurde er gezwungen, das Haus zu verkaufen, konnte dort aber weiterhin wohnen.

Am 1. Dezember 1941 fand die erste Deportation von jüdischen Mitbürgern in Stuttgart statt.  Kurz zuvor, am 14. November 1941, hatte Frieda Kaufmann den Freitod gewählt und war aus dem Fenster gesprungen.  Sie wurde 53 Jahre alt.
Der Witwer Benedikt Kaufmann wurde am  3. März 1942 nach Buttenhausen zwangsumgesiedelt.  Am 26. April 1942 wurde er nach Izbica deportiert. Dort ist er verschollen.

Das Haus in der Hermannstraße 16 steht heute noch.

Von 1939 an wurden in die Hermannstraße 16 zahlreiche  jüdische Mitbürger und Mitbürgerinnen einquartiert.
Zum Beispiel:
Samuel Frank,  Jahrgang 1881; lebte 1939 bis 1942 im 2. Stock; er überlebte.  Seine Ehefrau war Nichtjüdin.
Hans Jaffé, Jahrgang 1885, lebte 1939 bis 1942 im 3. Stock; er wurde am 26.04.1942 nach Izbica deportiert.
Jakob Jaffè, Frieda und Hertha Jaffé, Jahrgänge 1884, 1887(1886), lebten 1930 (1929); 1939 bis 1941 im 3. Stock;
Julius Kahn, Jahrgang 1870; lebte 1939 bis 1942 im 2. Stock ; wurde am 22.08.1942 nach Theresienstadt deportiert, Tod 1943 in Theresienstadt.
Hugo Levi, Jahrgang 1876; lebte 1939 bis 1942 im 3. Stock; wurde am 22.8.1942 nach Theresienstadt deportiert, 29.09.1942  weiter nach Treblinka, dort verschollen.
Fanny Scheurer,  Jahrgang unbekannt; lebte ab 1939 im 2. Stock; ihr Schicksal ist unbekannt.  
Hedwig Stern, Jahrgang 1877; lebte ab 1939 im 1. Stock; wurde am 26.04.1942 nach Izbica deportiert, dort verschollen.

Margot Weiß/ November 2006/Initiative Stolpersteine Stuttgart-West

Grundlagen der Recherche:
– Maria Zelzer:  Weg und Schicksal der Stuttgarter Juden. Stuttgart: Klett o.J. (1964).
– Die Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Baden-Württemberg 1933-1945. Ein Gedenkbuch. Herausgegeben von der Archivdirektion Stuttgart. Stuttgart 1969 (Veröffentlichungen der staatlichen Archivdirektion Baden-Württemberg, Beiband zu Band 20).
– Israelitische Kultusvereinigung Württemberg und Hohenzollern Stuttgart: Deportiertenliste  Württemberg und Hohenzollern. (Stadtarchiv Stuttgart)
– Judenlisten 1939 bis 1941. Hg. Statistisches Amt der Stadt Stuttgart. 1939 bis 1942. (Stadtarchiv Stuttgart.)
– Adressbücher der Stadt Stuttgart. (Stadtarchiv Stuttgart.)
– Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Entschädigungsakten.
– Staatsarchiv Ludwigsburg. Entschädigungsakten.
– Joachim Hahn: Friedhöfe in Stuttgart. 3. Band. Pragfriedhof. Israelitischer Teil. Stuttgart: Klett-Cotta 1992.
– Verzeichnis der Behörden, Mitglieder und Vereine der israelitischen Gemeinde Stuttgart, sowie der israelitischen Gemeinden
Cannstatt, Ludwigsburg und Eßlingen.  8. Jahrgang, 1914. Herausgegeben von M. Meyer, Kirchenpfleger, Stuttgart.
– Verzeichnis der Behörden, Mitglieder, Vereine der israelitischen Gemeinden Stuttgart, Cannstatt, Eßlingen, Göppingen, Heilbronn, Ludwigsburg und Ulm. 14. Jahrgang, 1928/30. Herausgegeben von Oberrechnungsrat M. Meyer, Stuttgart.
– Standesamt der Stadt Stuttgart.