Gestapo-Agent als Lockvogel
Artikel aus den STUTTGARTER NACHRICHTEN vom 08.10.2008:
Gestapo-Agent als Lockvogel
"Emmy Seitz und acht weitere Stuttgarter aus dem Arbeitermilieu wurden nach einer Denunziation am 30. November 1944 im KZ Dachau wegen Vorbereitung zum Hochverrat hingerichtet. Ihr Mann Theo Seitz, der zu dieser Zeit an der Front in Russland stand, wurde am 6. Februar 1945 im Zuchthaus Halle enthauptet. Jetzt erinnern in der Wartbergstraße 14, dem letzten Wohnsitz des Ehepaars, zwei Stolpersteine an Emmy und Theo Seitz.
Seit 1997 verlegt der Kölner Künstler Gunter Demnig zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus sogenannte Stolpersteine. Auf den Gehsteigen vor den Wohnhäusern der Ermordeten lässt er kleine Pflastersteine ein mit einer Messingplatte und den biografischen Daten dieser Opfer. Mit der Unterstützung lokaler Arbeitsgruppen sind inzwischen über 12 000 solcher Steine eingelassen worden. In Stuttgart sind es mittlerweile knapp 400. Die meisten von ihnen erinnern an verschleppte und ermordete Juden.
Zwar werden die kleinen Gedenksteine bündig mit dem Gehsteig verlegt, dennoch lassen sie manche Menschen auch heute noch stolpern. So hatte in der Wartbergstraße 14 ein Anwohner bis zum letzten Moment versucht, die Verlegung der Pflastersteine zu verhindern. Nachdem er mit diesem Ansinnen beim Tiefbauamt gescheitert war, kündigte er an, die Stelle für die Verlegung mit seinem geparkten Auto zu blockieren. Den Drohungen ließ der Anwohner aber keine Taten folgen.
Die Stolpersteine in der Wartbergstraße erinnern an politisch Verfolgte und an das Schicksal einer Widerstandsgruppe aus der Arbeiterbewegung, die sich während der Nazizeit um die Antifaschistenfamilie Schlotterbeck aus Untertürkheim scharte.
Emmy Seitz, geborene Ramin, kam 1904 in Wiesbaden zur Welt. Bis 1933 war sie in der Stuttgarter Redaktion der "Süddeutschen Arbeiter-Zeitung" als Referentin für Frauenfragen beschäftigt. Später wurde sie mehrmals inhaftiert. Im August 1942 heiratete Emmy den Kraftfahrer Theo Seitz, der 1912 in Stuttgart geboren war. Beide hatten sich in der kommunistischen Jugendbewegung kennengelernt.
Nach der Hochzeit bezog das Paar eine Wohnung in der Wartbergstraße 14. Theo Seitz wurde eingezogen und kam an die Front in Russland. Während seines Fronturlaubs im Februar 1944 meldete sich bei der Familie Seitz Eugen Nesper, ein gemeinsamer Bekannter aus der Zeit der politischen Arbeit vor 1933. Er berichtete, dass er von einem englischen Flugzeug mit dem Fallschirm abgesetzt worden sei, um Kontakte zu deutschen Widerständlern zu knüpfen.
Mit dieser Geschichte hatte er schon die Familie Schlotterbeck, bei der er früher Untermieter war, besucht. Obwohl man Nesper von Anfang an misstraute, ahnte keiner der Beteiligten, dass dieser seit 1934 ein Agent der Gestapo war.
Der Verräter wurde neun Menschen zum Verhängnis. Alle Personen, die mit dem Agenten Nesper Kontakt gehabt und ihn nicht gemeldet hatten, wurden verhaftet, wegen Hochverrats angeklagt und hingerichtet."
Klaus Eichmüller
Aktualisiert: 08.10.2008
STOLPERBLICK - StolperKunst in Corona-Zeiten
Künstler*innen bleiben gerade auch in diesen Zeiten präsent und begegnen einem konkreten Stuttgarter Stolperstein oder einem anderen Ort, der in Stuttgart an die Verfolgungen in der NS-Zeit erinnert
http://www.stolperkunst.de/stolperblick-stolperkunst-in-coronazeiten/
Silke Arning auf SWR2 über das Los der Zwangsarbeiter im Lager auf der Schlotwiese
StolperKunst belebt Erinnerung
...ein Projekt der Stuttgarter Stolperstein-Initiativen gegen Geschichtsvergessenheit!
Warum Stolpersteine?
Für Hannelore Levi und ihre Eltern Berta und Ernst, letztere 1942 in Riga ermordet, wurden im Herbst 2017 Stolpersteine in Stuttgart verlegt. Pip McCosh (*1965, Neuseeland), Tochter von Hannelore Levi (*1928, Stuttgart, gest. 2012, Neuseeland) schrieb am 22. Januar 2018 eine e-mail, die anschaulich zeigt, dass Stolpersteine ihre Schleifen bis ins Hier und Jetzt ziehen...
Übersichtskarte der Stolpersteine
in der Reihe TÜBINGER JUDAISTISCHE STUDIEN erschienen:
Briefe zur JÜDISCHEN EHEVERMITTLUNG 1911-1921
Publikationen aus dem Stuttgarter Norden
Broschüre über „Else Kahn, geb. Jeselsohn. Nachgetragene Würde – nachgetragene Liebe. Eine Lebensgeschichte“
Broschüre „Der Killesberg unterm Hakenkreuz"
Der Stuttgarter "Judenladen": Ein fast vergessenes Stück Stuttgarter Stadtgeschichte
Die Geheime Staatspolizei in Württemberg und Hohenzollern
Ingrid Bauz, Sigrid Brüggemann, Roland Maier
Das jüdische Zwangsaltenheim in Eschenau und seine Bewohner
Herausgegeben von Martin Ulmer und Martin Ritter
Aus dem KZ Theresienstadt: "Was mich aufrecht erhielt, war die Post ..."
Postkarten aus Theresienstadt von Gertrud Nast-Kolb an ihre Tochter Ilse in Stuttgart (1944-1945)
heraus-gegeben von Margot Weiß
Verlegt
Krankenmorde 1940-41 am Beispiel der Region Stuttgart
heraugegeben von Elke Martin
Ernst Köhler
im August 1940 in Grafeneck ermordet - weil er krank war
weiter
Walter, Hanna, Sofie, Rose, Erich, Auguste, Albert und Werner Levi
die ganze Familie wurde von den Nazis auf erschreckend gründliche Weise vernichtet weiter
Max und Mathilde Henle
Letzter frei gewählter Wohnort:
Hohentwielstrasse 146 B, Stuttgart Süd
Lydia Heilborn und ihre Tochter Gertrud
die Tochter in Grafeneck ermordet, die Mutter in Theresienstadt weiter
Hermine Wertheimer
zwangsevakuiert, deportiert und enteignet weiter