Spurensuche zu Opfern der nationalsozialistischen Krankenmorde
Mitglieder des Arbeitskreises "Euthanasie" haben sich kürzlich auf die Suche nach Spuren der Erinnerung in Stuttgart gemacht:
- Auf der Webseite der Stadt Stuttgart kommt man über den Suchbegriff "Euthanasie" zu keinem Ergebnis, auch nicht in Verbindung mit Denkmal oder Ähnlichem.
Über den Stadtbezirk Bad Cannstatt gibt es den Hinweis, dass es auf dem Hauptfriedhof ein Ehrenmal für die Fliegeropfer und einen Gedenkstein für die Opfer der KZ gibt. - Beides befindet sich am Ende und rechts der Hauptallee. Beide Anlagen sind durch die verschleiernde Erinnerungspoesie von ihrem Geschichtshintergrund und Sinnzusammenhang losgelöst.
Etwas abseits aber gut wahrnehmbar liegt rechts von der Hauptallee eine runde Fläche mit Sandsteinplatten, Durchmesser ca. 10 bis 15 Meter. In der Mitte und etwas erhöht findet man eine runde Platte mit dem Text: "DEN OPFERN AUS SCHWERER ZEIT".
Ca. 10 Meter weiter befindet sich ein zweiter Kreis, ebenfalls aus Sandsteinplatten, am Rand zwei halbrunde Blumenbeete, direkt anschließend zur Mitte hin ebenfalls zwei halbrunde und erhöhte Steinplatten mit Namen und Geburts- sowie Sterbejahr, immer wieder mit den Sterbedaten vom 26.07.44 oder 12.09.44. In der Mitte des Kreises erhöht ein runder dunkler und abgerundeter Stein, worauf ein Kreuz angedeutet ist.
Nachfolgend kommt wiederum ein Kreis, der jedoch kleiner ist, in der Mitte wieder ein dunkler, runder Stein. Darauf finden sich die Jahreszahlen von 1940 bis 1945.
Rechts und links der Kreisflächen findet sich jeweils ein "Grabfeld", wo runde, gleichförmige Steinplatten auf dem Boden liegen. Darauf befinden sich Namen, Geburts- und Sterbejahre.
Man kann vermuten, dass es sich um das "Ehrenfeld für die Fliegeropfer" handelt.
- Etwas abgesetzt davon, kaum wahrnehmbar aber doch erkenntlich, daß zum normalen Friedhofsfeld eine Abweichung besteht: der Ort des Gedenkens für die Opfer von ???
- Es ist ein großer grauer Steinwürfel vorhanden, Höhe ca. 1 Meter. Der Stein ist strukturiert und darin integriert befinden sich auf zwei Seiten die Namen von Tötungsanstalten; jeweils von oben nach unten:
Seite 1: Grafeneck, Hadamar, Hartheim, Sonnenstein,
Seite 2) Brandenburg, Buchenwald, Dachau, Bernburg. - Rechts davon eine kleine, ca. 20 bis 30 cm hohe Mauer, zur rechten Seite hin und kaum lesbar gibt es die Inschrift: "Den Opfern der Gewalt"
- Vor der Mauer befindet sich ein Grabfeld mit kleinen, liegenden Grabsteinplatten,
8 Reihen mit jeweils 4 Platten, die alphabetisch Namen und Geburts- und Sterbejahr von ca. 270 Opfern nennen. Die Schriftzüge auf den Platten sind kaum noch lesbar.
- Es gibt keine Erklärungen oder Erläuterungen. Es bleibt im Dunkeln, welche Gewalt vorhanden war, was die "Zeit" so schwer gemacht hatte und wann diese Vorgänge von Gewalt und schwerer Zeit waren.
Der Arbeitskreis "Euthanasie" diskutiert Möglichkeiten, wie diese "Verschleierungspoesie" beim öffentlichen Gedenken durch eine zeitgemäße Form der Erinnerung und Mahnung erweitert werden könnte.
STOLPERBLICK - StolperKunst in Corona-Zeiten
Künstler*innen bleiben gerade auch in diesen Zeiten präsent und begegnen einem konkreten Stuttgarter Stolperstein oder einem anderen Ort, der in Stuttgart an die Verfolgungen in der NS-Zeit erinnert
http://www.stolperkunst.de/stolperblick-stolperkunst-in-coronazeiten/
Silke Arning auf SWR2 über das Los der Zwangsarbeiter im Lager auf der Schlotwiese
StolperKunst belebt Erinnerung
...ein Projekt der Stuttgarter Stolperstein-Initiativen gegen Geschichtsvergessenheit!
Warum Stolpersteine?
Für Hannelore Levi und ihre Eltern Berta und Ernst, letztere 1942 in Riga ermordet, wurden im Herbst 2017 Stolpersteine in Stuttgart verlegt. Pip McCosh (*1965, Neuseeland), Tochter von Hannelore Levi (*1928, Stuttgart, gest. 2012, Neuseeland) schrieb am 22. Januar 2018 eine e-mail, die anschaulich zeigt, dass Stolpersteine ihre Schleifen bis ins Hier und Jetzt ziehen...
Übersichtskarte der Stolpersteine
in der Reihe TÜBINGER JUDAISTISCHE STUDIEN erschienen:
Briefe zur JÜDISCHEN EHEVERMITTLUNG 1911-1921
Publikationen aus dem Stuttgarter Norden
Broschüre über „Else Kahn, geb. Jeselsohn. Nachgetragene Würde – nachgetragene Liebe. Eine Lebensgeschichte“
Broschüre „Der Killesberg unterm Hakenkreuz"
Der Stuttgarter "Judenladen": Ein fast vergessenes Stück Stuttgarter Stadtgeschichte
Die Geheime Staatspolizei in Württemberg und Hohenzollern
Ingrid Bauz, Sigrid Brüggemann, Roland Maier
Das jüdische Zwangsaltenheim in Eschenau und seine Bewohner
Herausgegeben von Martin Ulmer und Martin Ritter
Aus dem KZ Theresienstadt: "Was mich aufrecht erhielt, war die Post ..."
Postkarten aus Theresienstadt von Gertrud Nast-Kolb an ihre Tochter Ilse in Stuttgart (1944-1945)
heraus-gegeben von Margot Weiß
Verlegt
Krankenmorde 1940-41 am Beispiel der Region Stuttgart
heraugegeben von Elke Martin
Ernst Köhler
im August 1940 in Grafeneck ermordet - weil er krank war
weiter
Walter, Hanna, Sofie, Rose, Erich, Auguste, Albert und Werner Levi
die ganze Familie wurde von den Nazis auf erschreckend gründliche Weise vernichtet weiter
Max und Mathilde Henle
Letzter frei gewählter Wohnort:
Hohentwielstrasse 146 B, Stuttgart Süd
Lydia Heilborn und ihre Tochter Gertrud
die Tochter in Grafeneck ermordet, die Mutter in Theresienstadt weiter
Hermine Wertheimer
zwangsevakuiert, deportiert und enteignet weiter