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Klara Hübner, Calwer Straße 5

Klara Hübner wurde am 9. November 1886 in Lichtenau in Schlesien geboren. Der Ort heißt heute Zaręba und ist ein Ortsteil von Geibsdorf, heute Siekierczyn in der Woiwodschaft Niederschlesien, Polen. Über das Leben und die Lebensumstände dieser Frau ist so gut wie nichts bekannt. Wann, auf welchem Wege und warum sie nach Stuttgart kam, lässt sich kaum ermitteln. Klara Hübner erlernte den Beruf einer Krankenschwester. Sie lebte alleine, war ohne Angehörige und blieb ledig. Ihre Eltern waren früh verstorben und sie war offensichtlich lange arbeitslos gewesen. Schließlich erhielt sie eine Beschäftigung als Krankenhauspflegerin.

Seit 1936 wohnte Klara Hübner in Untermiete in der Calwer Straße 7b. Sie war Mitglied der Neuapostolischen Kirche. Ihre Vermieterin berichtete, dass sie verschlossen und ruhig sei. Sie kam oft völlig erschöpft und müde von den schweren Pflegediensten nach Hause. So hätte sie immer den Wunsch nach ein paar freien Tagen gehabt, was aber nicht möglich gewesen sei.

Im Juli 1936 brach Klara Hübner in einem Haus in der Schwabstraße zusammen und wurde danach mit einem Sanitätsauto in das Katharinenhospital gebracht. Ein Bericht vom 20. Juli 1936 schildert ihren Zustand so, dass sie kaum ansprechbar und in großer Unruhe gewesen sei. Seit einem Tag würde sie im Zimmer hin- und herlaufen. Sie war ängstlich und brach mitunter in Jammern und Weinen aus. Eine Bekannte, die sie im Krankenhaus besucht hatte, bekundete schließlich auch, dass Klara Hübner schon seit einigen Tagen verstört und unruhig gewesen sei. Das bestätigte auch ihre Vermieterin. Anfang August 1936 sperrte sie sich nach dem Bericht des Krankenhauses gegen eine Nahrungsaufnahme und wurde mit der Sonde ernährt. Die Ärzte diagnostizierten ihre Psychose als Schizophrenie.

Schließlich wurde Klara Hübner am 14. August 1936 in die „Heilanstalt Zwiefalten“ eingeliefert. Vier Jahre später, am 13. August 1940 wurde sie nach Grafeneck auf der Schwäbischen Alb gebracht und dort ermordet. In dieser Tötungsanstalt wurden über 10.000 Menschen mit einer Behinderung umgebracht. Da sie keine Angehörigen mehr hatte, fragte niemand nach ihr. Als von Seiten ihrer Kirche nach ihrem Schicksal in Zweifalten gefragt wurde, kam eine mehr als lapidare Antwort aus Zwiefalten. In dem Schreiben stand, dass Klara Hübner in eine „unbekannte Anstalt abgeholt wurde. Wir haben seither nichts mehr von ihr gehört.“ Auf eine weitere Anfrage in Zwiefalten im Jahr 2020 kam eine freundliche Antwort mit den oben genannten Daten.

In der Krankenakte ist noch ein Foto von ihr abgedruckt. Es zeigt Klara Hübner betend, mit gesenktem Blick, in sich gekehrt und verschlossen, wie abgekehrt von ihrer Umgebung.

Recherche und Text: Elke Martin, Dr. Karl-Peter Krauss
Quellen: Staatsarchiv Ludwigsburg