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Karin Weininger, Ingelfinger Straße 5

Stolperstein am 23. Mai 2015 für
Karin Weininger
geb. 2.11.1943
Ingelfingerstr. 5
Ermordet in der Kinderfachabteilung
Türlenstr. 22a am 15.3.1944

Die minderjährige und unverheiratete Helene Amalie Weininger brachte am 2. November 1944 in der Wohnung ihrer Eltern in der Ingelfinger Strasse 5 ein Mädchen mit Namen Karin zur Welt. Der Name des Kindsvaters ist nicht bekannt. Das unehelich geborene Kind war ein Mündel des Städtischen Wohlfahrtsamts (Jugendamts) Stuttgart.

Karin Weininger starb am 15 März 1944 mit 4 Monaten in der „Kinderfachabteilung“ der Städtischen Kinderklinik in der Türlenstraße 22a. Als Krankheitsdiagnose und Todesursache ist bei ihr in den Sterbedokumenten nur „Intoxikation“ (Vergiftung) angegeben, was vieldeutig ist. Die ärztliche Unterschrift wurde offenbar gefälscht: Die Oberärztin Dr. Schütte, die für die „Kinderfachabteilung“ Stuttgart zuständig war, unterschrieb mit dem Falschnamen „Dr. Lepmeier“.

Die Kinderfachabteilung in Stuttgart
Der Arzt Eugen Stähle, Obermedizinalrat und Ministerialrat im Ministerium des Innern in Württemberg, schrieb „am 25. November 1942 einen als ‚Geheime Reichssache!‘ gekennzeichneten Brief an den ‚Reichsausschuss zur  wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden‘ in Berlin – die getarnte Organisationszentrale für die ‚Kindereuthanasie‘ in der Kanzlei des Führers.“
(Karl-Horst Marquart: Stuttgarter NS-Täter, 2009, S.104.) Darin teilte er mit: „Obermedizinalrat Dr. Lempp vom städtischen Gesundheitsamt Stuttgart und Leiter der städtischen Kinderheime in Stuttgart ist bereit, Kinder mit erb- und anlagebedingten schweren Leiden zur Beobachtung und entsprechenden Behandlung in seine Kinderheime aufzunehmen.“ (Karl-Horst Marquart: Stuttgarter NS-Täter, 2009, S.105.) Das bedeutete in der Regel eine Tötung der betroffenen Kinder. In Stuttgart sind 52 derartige Fälle nachgewiesen.

Was geschah in den„Kinderfachabteilungen“?
„Unter dem Namen „Reichsausschuss zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden“ wurde 1939 eine Organisation geschaffen, die geisteskranke und missgebildete Kinder, zunächst bis zum Alter von drei Jahren erfasste, später auch ältere….
Das alles sollte unter strengster Geheimhaltung geschehen.“ 
(Elisabeth Zöller, Anton oder die Zeit des unwerten Lebens, Fischer Taschenbuchverlag, 2012) Hebammen und Ärzte wurden verpflichtet, Kinder mit Missbildungen und Behinderungen zu melden. Auf die Eltern wurde Druck ausgeübt, sie zur „Behandlung“ in „Kinderfachabteilungen“ zu geben, wo angeblich eine Therapie der Missbildung oder Behinderung möglich wäre. Diese „Kinderfachabteilungen“ waren aber „getarnte Einrichtungen zur Tötung von missgebildeten Neugeborenen und behinderten älteren Kindern, das heißt von Kindern mit einem ‚schweren angeborenen Leiden‘. ‚Behandlung‘ bedeutete Tötung durch Verabreichung einer Überdosis von Tabletten oder Spritzen eines starken Schlafmittels, hauptsächlich des Medikamentes Luminal.“ (Karl-Horst Marquart: Stuttgarter NS-Täter, 2009, S.105.) Auf den Totenscheinen wurden die Todesursachen und die Namen der Ärzte gefälscht sowie erlogene natürliche Todesursachen wie z.B. Lungenentzündung angegeben.