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Willi Karl App, Leonhardsplatz 15

Willi Karl App wurde am 29.09.1919 in Stuttgart geboren. Er hatte die deutsche Staatsbürgerschaft und war ledig. Sein Vater hieß Karl App und ist gleichfalls in Stuttgart geboren. Die Mutter hieß Rosa Helene App geb. Hermann. Willi Karl App arbeitete als Taglöhner/ungelernter Arbeiter oder Schreiner. Als Wohnorte sind in Stuttgart bekannt:

  • Hauptstätter Straße 106 B (laut Meldekartei vom 28.2.-30.07.1940). Er wohnte dort zur Untermiete bei Metzger Erwin Gengenbach.
  • Leonhardsplatz 15 III. Hier haben laut Stuttgarter Adressbüchern von 1911 bis 1919 der Schreiner Johann App und die Weißnäherin Louise App gelebt, möglicherweise ältere Verwandte vom Vater Karl App. Dieser war vermutlich nach dem Tod von Louise eingezogen und hatte nach dem Ableben von Johann die ganze Wohnung übernommen. Da der Vater Karl App laut Adressbuch von 1922-1941 am Leonhardsplatz 15 III wohnte, und das vermutlich beide Elternteile, können wir davon ausgehen, dass der Sohn Willi Karl den Großteil seiner Kindheit und Jugendzeit hier verbracht hat.

Willi Karl App muss sich laut Einwohnermeldekartei auch einige Zeit außerhalb Stuttgart´s aufgehalten haben. So war er am 28.09.1938 aus Heidenheim/Bayern (einem kleinen Ort in Mittelfranken in der Nähe von Ansbach) nach Stuttgart zugezogen.

Was den Verfolgungsweg angeht, so ist bekannt, dass er am 27.10.1942 im KZ Dachau mit der Häftlings-Nr. 37645 eingeliefert wurde. Am 10.11.1942 war er im Transport vom KZ Dachau ins KZ Sachsenhausen, wo er als Aso 175 (Asozialer) geführt wurde. Dort verstarb er 23jährig am 14.03.1943 laut Sterbebuch Sonderstandesamt Arolsen.

Recherche und Text: Mathias Strohbach, Tel. 0711 / 605703, mcstrohbach@gmail.com, Elke Martin, Tel. 0711 / 4101018,  muckchen51@web.de

Spender/Pate für das Kleindenkmal: Zentrum Weißenburg e.V., vertreten durch Mathias Strohbach 

Ute Kumpf gedenkt von den Nazis ermorderter Homosexueller anlässlich der Verlegung von zwei “Stolpersteinen”:

Über 500 Stolpersteine finden sich bereits in der Stuttgarter Innenstadt und den Vororten. Die sogenannten Stolpersteine sollen im Vorbeigehen zum Stolpern “im Geiste” provozieren, zum Anhalten und lesen der Gravur. Unter der Überschrift “Hier wohnte…” wird damit direkt vor dem Wohnhaus des Opfers ein Stück Geschichte in unser alltägliches Leben zurückgeholt.
Der Kölner Künstler Gunter Demnig hat am 29. April zum Gedenken an zwei Homosexuelle, die von den Nazis in Konzentrationslager verschleppt und ermordert wurden, zwei weitere Stolpersteine verlegt. Anlässlich der Verlegung erklärte die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion und Stuttgarter Abgeordnete Ute Kumpf:
Es hat lange gedauert, bis in der Bundesrepublik Deutschland ein nationales Denkmal zur Würdigung der im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen auf den Weg gebracht und errichtet wurde:
– auf den Weg gebracht durch einen Beschluss des Deutschen Bundestages,
– errichtet im Zentrum jener Stadt, in der die systematischen Verbrechen an
anders Denkenden, anders Glaubenden, anders Lebenden, anders Liebenden
erdacht, organisiert und verwaltet wurden.
Heute wird hier in Stuttgart ein Stein des Gedenkens gesetzt.
dank der Stolpersteininitiative Stuttgart mit dem AK Homosexualität wird mit dieser Verlegung des ersten Stolpersteins für Willi Karl App nicht nur ein Zeichen, sondern ein Stein des Nachdenkens und Gedenkens gesetzt. Für dieses Engagement und für diesem Einsatz mein Respekt und Dank.
Die Nationalsozialisten stilisierten in ihrem Wahn, in ihrem Hass Homosexualität zu einer “Gefahr für Volk, Staat und Rasse”, der mit “rücksichtloser Energie und Entschiedenheit Einhalt geboten” werden müsse.
Schätzungen zufolge standen zwischen 1933 und 1945 rund 54.000 Homosexuelle vor Gericht, wurden denunziert, verhöhnt und zu langjährigen Zuchthausstrafen verurteilt.
Viele von ihnen kamen ins Konzentrationslager – nach Mauthausen, Neuengamme, Sachsenhausen, Dachau. Sie mussten den rosa Winkel tragen, wurden Strafkommandos zugewiesen oder in pseudomedizinischen Experimenten erniedrigt, gepeinigt, zwangskastriert.
Ungefähr 7.000 schwule Männer wurden in den Konzentrationslagern ermordet. Die genaue Zahl der Getöteten lässt sich nicht ermitteln.
Ein würdiges Erinnern und Gedenken, ein nationaler Gedenkort, eine gesellschaftliche Verständigung über das ihnen systematisch zugefügte Unrecht blieb den verfolgten Homosexuellen nach Kriegsende lange verwehrt: Über vier Jahrzehnte blieben sie aus dem offiziellen Gedenken an die NS-Opfer ausgeschlossen – in beiden Teilen Deutschlands.
In der Bundesrepublik hatten die Paragraphen 175 und 175a in der nationalsozialistischen Fassung von 1935 bis zum 1. September 1969 Bestand. Erst 1994 wurde der Straftatbestand Homosexualität aus dem Strafgesetzbuch getilgt, ist der Schandparagraph 175 weggefallen.
Auch an diese Form von weiterwirkender Ausgrenzung erinnert dieser Stolperstein für Wilii Karl App.
Stellvertretend für viele Tausende erinnert er an ihr Leid, ihre Verfolgung und Diskriminierung. Und ist eine lebendige Botschaft für die heutige Generationen:
Er mahnt zu Respekt vor Verschiedenheit, zur Annerkerennung von Vielfalt. Denn noch immer werden in Deutschland Angehörige von Minderheiten ausgegrenzt, stigmatisiert, diskriminiert.
Wir können mittlerweile auf 40 Jahre erfolgreichen Kampf um Gleichberechtigung zurückblicken. Einiges hat sich gerade in der Zeit unter der rot-grünen Bundesregierung bewegt und getan.
Es bleibt aber noch viel zu tun, wenn es um die Anerkennung schwuler und lesbischer Lebensformen und deren Anerkennung in Gesellschaft und Politik geht.
Aber diese initiative hier heute in Stuttgart zeigt und auch, dass Mut belohnt wird, dass langer Atem zum Ziel führt.
Wir in der Politik sind gefordert, gesetzliche Regelungen gegen Diskriminierung und für Gleichstellung auf den Weg zu bringen. Gesetze sind das Eine, der Wandel aber beginnt im Kopf.
Ich habe die Hoffnung, dass Menschen sich mit diesem Stolperstein sensibilisieren lassen für Minderheitserfahrungen, die wir in unseren unterschiedlichen Bezügen, Zuordnungen, Eigenschaften machen können oder beobachten können und dass immer mehr Menschen begreifen, dass Akzeptanz und Ausgleich der unterschiedlichen Interessen und Ansprüche, die es in einer modernen Gesellschaft zu unser aller Glück ja gibt, ihren Reichtum, ihre Lebendigkeit ausmachen.
Es geht um eine Kultur der Humanität, der Anerkennung, der Toleranz in einem Land, in dem wir ohne Angst als Menschen verschiedene sein können. Dazu fordert uns die Erinnerung an die Verfolgung und Ermordung von Homosexuellen auf, dazu verpflichtet uns das Gedenken, das nicht folgenlos bleiben soll, nicht folgenlos bleiben darf!
Ich danke Ihnen!

An Willi Karl App  und andere verfolgte  homosexuele Männer wie Friedrich Enchelmeyer erinnert das  StolperKunst-Projekt #DIGITALESSTOLPERN – #derliebewegen der Künstlerinnen Philine Pastinaci und Lena Fritschle.