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Bertha Hauser, Hohewartstr. 16

Sie wird am 5. Juli 1914 geboren und lebt seit ihrer Geburt in Feuerbach in der Solitudestraße 16 (heutige Hohewartstraße 16) im 2. Stock des Bäckers Otto Schuhmacher. Sie ist katholisch getauft. Nach ihrer Schulzeit ist sie als Arbeiterin beschäftigt bei der Firma Schoch in Feuerbach. Sie ist ledig und wird Mutter eines Kindes, das am 14. Januar 1936 zur Welt kommt und den Namen Erika Hauser trägt. Die Vaterschaft kann nicht festgestellt werden. Die Mutter lebt in einfachen Verhältnissen und scheint sich wenig um ihr Kind zu kümmern. Sie überlässt die Pflege des Kindes ihrer Mutter Marie Hauser, geborene Schwarz, die Witwe ist und im gleichen Haus wohnt. Bei der Geburt ihrer Enkelin ist sie 52 Jahre alt.

Von den Nationalsozialisten wird die Familie als „asozial“ eingestuft, die auf staatliche Hilfe angewiesen ist. Für Erika wird vom Jugendamt Stuttgart ein Vormund bestellt.

In einem handgeschriebenen Brief aus dem Jahr 1969 teilt Erika ihrem Vormund Dr. Schuster mit, sie könne keine genauen Angaben über ihre Mutter Bertha Hauser machen. Als ihre Mutter 1939 ins KZ Ravensbrück gekommen sei, sei sie ja erst 3 Jahre alt gewesen. Als uneheliches Kind geboren, habe sie nie etwas von ihrem leiblichen Vater gehört. Ihre Oma habe für sie gesorgt, aber nie von der Mutter gesprochen. Ihre Kindheit und Jugend habe sie zum größten Teil in Kosthäusern, in Heimen und bei der Großmutter verbracht. Mit 19 Jahren habe sie einen Gramlich geheiratet und sei froh gewesen, endlich ein freier Mensch zu sein. Mit dem, was sie als Arbeiterin verdiente, habe sie gerade mal die Heimkosten decken können. Erst als ihre Großmutter ins Altersheim gekommen und der Haushalt aufgelöst worden sei, habe Erikas Onkel die Sterbeurkunde ihrer Mutter entdeckt. Leider sei dies das einzige Dokument, das man gefunden habe. Ihr Onkel könne sich daran erinnern, ein Schreiben gelesen zu haben, das aus dem KZ Lublin in Polen stamme mit dem Inhalt, dass ihre Mutter angeblich an Kreislaufstörungen gestorben sei.

Eine Mitteilung der Gedenk- und Forschungsstelle Ravensbrück belegt, dass Bertha Hauser im Jahr 1942 wegen Rückfälligkeit ein zweites Mal in das KZ Ravensbrück eingeliefert worden ist und von dort in das KZ Lublin deportiert wurde, wo sie am 3. März 1944 gestorben ist. Unter welchen Umständen, ist nicht bekannt. Es muss angenommen werden, dass sie ermordet wurde, denn sogenannte „Asoziale“ galten bei den Nazis als unwertes Leben, das dem Staat zur Last fiel. Die Urne ist auf dem Feuerbacher Friedhof beigesetzt worden.

Als Tochter Erika die Oma nach ihrer Mutter befragt habe, sei ihr die Oma immer aus dem Wege gegangen und habe sie mit der Geschichte wohl nicht belasten wollen. Auch das Jugendamt und ihr Vormund hätten es versäumt, Erika über das Schicksal ihrer Mutter aufzuklären. Eine Entschädigung für ihre verstorbene Mutter erhält sie nicht, weil diese nicht aus politischen Gründen in Haft gewesen sei.

Am 20. Mai 2009 wurde für Bertha Hauser ein Stolperstein verlegt.

Recherche und Text: Heinz Wienand, Stolpersteininitiative Feuerbach/Weilimdorf